Vermietung von Geschäftslokalen zu Corona-Zeiten – Wie handhaben?
Miet- und Pachtrecht bei COVID-19:
Spätestens seit März 2020 wurden weltweit, auch in Deutschland, zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen SARS-CoV-2-Virus massive Einschränkungen in allen Bereichen des Privat- und des Wirtschaftslebens vorgenommen. Dadurch wurden für Freiberufler, Selbständige und Unternehmen erhebliche Einkommens- und Einnahmeverluste verursacht.
Einschränkung des Kündigungsrechts Art. 240 § 2 EGBGB:
Zum Zweck der Vermeidung negativer rechtlicher Folgen im Mietrecht und Pachtrecht wurde durch Art. 240 § 2 EGBGB das Kündigungsrecht des Vermieters beschränkt, dass ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund gekündigt werden kann, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt. Hiervon darf zum Nachteil des Mieters nicht abgewichen werden (Art. 240 § 2 Abs. 2 EGBGB). Die Regelungen gelten entsprechend für Pachtverträge (Art. 240 § 2 Abs. 3 EGBGB). Diese Beschränkung des Kündigungsrechts ist nur bis zum 30. Juni 2020 anzuwenden.
Kein Anspruch auf Stundung / „Nichtbezahlung“:
In der Tagespresse waren Berichte von großen Handelsketten zu lesen, welche angekündigt hatten, ihre Mietzinsen vor dem Hintergrund COVID-19-bedingter Schließungen ihrer Geschäfte zunächst nicht weiter zu bezahlen.
Ein Anspruch auf Stundungen oder Minderungen der Miete ergibt sich aus dem COVID-19-FolgenG nicht. Das Gesetz regelt die Folgen der Nichtleistung von Mietzahlungen im Hinblick auf das Kündigungsrecht des Vermieters oder Verpächters und berührt die Pflicht des Mieters zur Zahlung des Mietzinses nicht.
Einer Stundungsvereinbarung zwischen den Mietvertragsparteien stehen diese Vorschriften aber selbstverständlich nicht entgegen. Kommt aber eine solche Vereinbarung nicht zustande, schuldet der Mieter weiterhin den Mietzins und gerät auch ohne gesonderte Mahnung durch die Nichtzahlung in Verzug. Auch einer Klage auf Geltendmachung der Miete samt Verzugszinsen steht Art. 240 § 2 EGBGB nicht entgegen.
Keine Auswirkungen auf das Kündigungsrecht des Mieters / sonstige Kündigungsrechte des Vermieters:
Art. 240 § 1 und 2 EGBGB haben keine Auswirkungen auf das Kündigungsrecht des Mieters.
Auch das Kündigungsrecht des Vermieters wird nur teilweise durch die Regelung ausgeschlossen, nämlich soweit dieses seinen Grund allein in einer Nichtleistung der Miete aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie findet. Sonstige Kündigungsrechte bleiben ausdrücklich unberührt (Art. 240 § 2 Abs. 1 S. 3 EGBGB). Die Beschränkung gilt dabei im Rahmen ihrer Voraussetzungen sowohl für die fristlose wie für die ordentliche Kündigung.
Kündigungen aus anderen Gründen, etwa wegen Verletzung sonstiger Pflichten aus dem Mietverhältnis oder etwa die ordentliche Kündigung von Mietverhältnissen über Gewerbeimmobilien nach § 542 BGB, bleiben bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zulässig (Art. 240 § 2 Abs. 1 S. 3 EGBGB).
Mietminderung wegen „Corona – Schließung“?
Hier ist zu unterscheiden: Eigenständige Schließung aus wirtschaftlichen Gründen: Voraussetzung für eine Mietminderung ist das Vorliegen eines Mangels der Mietsache (§ 536 Abs. 1 S. 1 BGB). Grundsätzlich gilt: Schließt der Mieter seinen Betrieb eigenverantwortlich aus wirtschaftlichen Gründen, fehlt es an einem solchen Mangel und der Mieter hat die Miete weiterhin in voller Höhe zu entrichten.
Behördlich angeordnete Schließung: Beruht eine Ladenschließung auf einer behördlichen Anordnung, ist für eine Mietminderung entscheidend, ob diese einen Mangel der Mietsache darstellt. Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen begründen nach der bisherigen Rechtsprechung nur einen Mangel, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache beruhen (vgl. exemplarisch BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 – XII ZR 189/09). Wenn die Schließung ihre Ursache darin hat, dass ein bestimmtes Objekt nicht mehr betrieben werden darf, kann eine Mietminderung in Betracht kommen. Anders ist es dagegen, wenn sich die jeweilige Anordnung auf bestimmte Betriebsarten bezieht. Das Risiko der Betriebsart trägt insofern der Mieter.
Vertragsanpassung?
Kein Anspruch auf Vertragsanpassung: Haben Mieter und Vermieter bei Abschluss des Vertrages besondere Umstände im Vertrag nicht vorhergesehen, kann zwar nach Treu und Glauben, vgl. § 242 BGB, eine rechtliche Korrektur erfolgen. In Ausnahmefällen besteht die Möglichkeit einer Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der sog. „Störung der Geschäftsgrundlage“ (§ 313 Abs. 1 BGB). Bisher stand die Rechtsprechung im gewerblichen Mietrecht einem Rückgriff auf diese Grundsätze ablehnend gegenüber. Das bedeutet, dass auch unter Berücksichtigung des Rechtsinstituts der Störung der Geschäftsgrundlage nach aktueller Rechtsprechung vom Fortbestand der Mietzahlungspflicht auszugehen ist.
Nach derzeitiger Rechtslage liegt das wirtschaftliche Risiko im Falle einer behördlichen Anordnung zur Ladenschließung grundsätzlich beim Mieter.
RA Markus Mahrer, Kanzlei Gleixner, Kellner, Mahrer / Bogen und Dingolfing, www.kanzlei-bogen.com
Steuernews Print-Ausgabe Sommer 2020, Rechtsstand 05/2020