Corona-Soforthilfen, Strafbarkeitsrisiken und Rückzahlung

Kanzleimarketing

Ab Beginn der COVID-19-Epidemie war es Wunsch von Bund und Ländern, dass möglichst schnell und unbürokratisch Unternehmen Subventionen erhalten. In diesem Beitrag sollen die Strafbarkeitsrisiken und Rückzahlungspflichten untersucht werden. Schwerpunkt sind die Corona-Soforthilfen.

  1. Sowohl der Bund als auch der Freistaat gewähren kleinen Unternehmen Subventionen als Corona-Soforthilfe, die aufgrund von Liquiditätsengpässen in Folge der Corona-Krise in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sind. Ziel dieser Zahlungen von Bund und Freistaat war, Liquiditätsengpässe nachrangig zu kompensieren und Arbeitsplätze zu erhalten. Voraussetzung für die Gewährung ist, dass die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (z.B. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass).

    Ferner ist erforderlich, dass sich das antragstellende Unternehmen nicht vor dem 31.12.2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden hat. Die Einmalzahlungen berechneten sich auf „Basis des betrieblichen Sach- und Finanzaufwandes, u.a. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingaufwendungen“.

    Der Antragsteller muss die Richtigkeit seiner Angaben, insbesondere den Liquiditätsengpass, an Eides statt versichern. In den Richtlinien des Bundes wird ausdrücklich auch auf das Risiko des Subventionsbetruges (§ 264 StGB) hingewiesen, was in den Anträgen ebenso enthalten war.

  2. Wegen Subventionsbetruges gemäß § 264 StGB macht sich strafbar,
    -  wer der für die Bewilligung der Soforthilfe zuständigen Behörde über subventionserhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind, oder
    -  die Soforthilfe, deren Verwendung durch Rechtsvorschriften im Hinblick auf eine Subvention beschränkt ist, entgegen der Verwendungsbeschränkung verwendet.

    Die Strafdrohung geht von der Geldstrafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe, in besonders schweren Fällen (die bei den Soforthilfen wohl ausgeschlossen werden können) bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe.

  3. Strafbar sind nicht nur vorsätzliche, also wissentlich falsche oder unvollständige Angaben, sondern ist auch leichtfertiges Handeln, also grobe Fahrlässigkeit. Letzteres kann auch dazu führen, dass ins Blaue getätigte Annahmen, die sich als unrichtig herausstellen, zu strafrechtlichen Ermittlungen führen. Gerade zu Beginn der Corona-Epidemie bot sich für viele Unternehmer die Möglichkeit, ohne bürokratischen Aufwand die Soforthilfe zu beantragen (was auch von Bund und Ländern so propagiert wurde, zumal die zur Verfügung gestellten Mittel für die Soforthilfe gedeckelt waren). Wie auch aus den Förderrichtlinien erkennbar war, handelt es sich um eine Prognose des Antragstellers. Voraussichtlich mussten die Einnahmen in den kommenden drei Monaten nicht ausreichen, um den betrieblichen Aufwand abzudecken

    Schließlich haben die Antragsteller die Richtigkeit ihrer Angaben an Eides statt versichert. Nicht außer Acht lassen darf man den Straftatbestand der unrichtigen eidesstattlichen Versicherung, der nach § 156 StGB bei Vorsatz mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren geahndet wird. Ferner darf Betrug nach § 263 StGB nicht vernachlässigt werden.

  4. Strafrechtlich wird Neuland betreten. Zu Beginn der Epidemie waren einzelne Fördervoraussetzungen unklar oder in den Förderrichtlinien unklar formuliert. Der Zeitraum des Lockdowns war nicht absehbar. Viele Unternehmer mussten mit sehr hohen Umsatzrückgängen rechnen, die sich später als unzutreffend herausstellten. Anfang März 2020 wurde noch diskutiert, ob private Lebenshaltungskosten abgedeckt werden, was sich aber in den Förderrichtlinien nicht niedergeschlagen hat. Derzeit ist daher offen, wie objektiv unrichtige Abgaben des Betriebsinhabers vor allem hinsichtlich des Vorwurfes der Leichtfertigkeit strafrechtlich gewürdigt werden.

  5. Hinweise und Probleme:
    -  Empfehlenswert ist eine schriftliche Dokumentation der erwarteten Einnahmen und fortlaufenden betrieblichen Ausgaben. Wenn es später zu Rückzahlungen kommt, kann man so dem Vorwurf leichtfertiger Inanspruchnahme der Subvention entgegentreten.
    -  Personalkosten und Abschreibungen sind nicht als fortlaufende Ausgaben mindernd zu berücksichtigen.
    -  Andere staatliche Leistungen, wie Kurzarbeitergeld, sind bei der Prognose mindernd zu berücksichtigen, zumindest, wenn sie bereits genehmigt wurden.
    -  Betriebliche Rücklagen oder Privatvermögen sind nicht in der Prognose zu berücksichtigen.
    -  Einen Einnahmenüberschuss braucht der Betrieb nicht zu erwirtschaften, hier ist der Inhaber auf andere staatliche Sicherungssysteme angewiesen (z.B. dürfen also die Wohnungsmiete, Krankenversicherung oder die allgemeinen Lebenshaltungskosten nicht berücksichtigt werden).
    -  Unzulässig ist daher die Verwendung der Soforthilfe für Wohnungsmiete, private Versicherungen und allgemeine Lebenshaltungskosten.
    -  Bei Personengesellschaften, insbesondere auch bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts, kann nicht jeder Gesellschafter, sondern nur die Gesellschaft einmal Soforthilfe beantragen

  6. Derzeit steht die Frage einer Rückzahlungspflicht im Fokus: Stellt sich die Prognose des Antragstellers als unrichtig heraus und ist der Liquiditätsengpass geringer ausgefallen als befürchtet, ist eine Rückzahlung zu befürchten. Da regelmäßig die Höchstbeträge beansprucht wurden ist dieser Fall sicher keine Seltenheit. Wie eine sogenannte Überkompensation behandelt und vor allem berechnet wird, ist derzeit offen. Auf der Website des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie wird auf folgendes hingewiesen:

    „Wer zu viel Soforthilfe erhalten hat, muss sie später wieder zurückzahlen. Dies gilt auch, wenn durch die gleichzeitige Inanspruchnahme von Zuschüssen aus verschiedenen Hilfsprogrammen eine Überkompensation eingetreten ist. Zur Berechnung der Überkompensation führt der Bund aktuell Gespräche mit den Ländern. Die Einzelheiten hierzu werden nach Abschluss der Gespräche publiziert. Bei Zweifelsfragen wenden Sie sich bitte an Ihre Bewilligungsstelle.“

    Bei vorsätzlich oder leichtfertig falschen Angaben im Förderantrag oder bei einer vorsätzlich oder leichtfertig falschen Verwendung der Förderung besteht natürlich eine Rückzahlungspflicht. Im Falle eines Subventionsbetruges führt eine freiwillige Rückzahlung zwar zu keiner Straffreiheit, stellt aber sicherlich eine erhebliche Strafmilderung dar.

  7. Anders als bei den neuen Förderprogrammen ab Juli dieses Jahres sind bei den Corona-Soforthilfen noch zahlreiche Fragen unbeantwortet, eine juristische Aufarbeitung, sei es hinsichtlich strafrechtlicher Fragen, sei es hinsichtlich der Rückzahlung, insbesondere bei Überkompensation, steht noch aus.

RA / StB Prof. Dr. Markus Hofbauer, Kanzlei Prof. Dr. Hofbauer und Kollegen / Straubing, www.hofbauer-kollegen.de
Steuernews Print-Ausgabe Herbst 2020, Rechtsstand 09/2020