Wettbewerbsverbote während und nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses
Der Arbeitnehmer (AN) ist gemäß § 241 II BGB grundsätzlich zur Rücksichtnahme auf die Rechte, das Eigentum und die Interessen des Arbeitgebers (AG) verpflichtet. Hieraus ergeben sich für den AN verschiedene rechtliche Folgen:
1. Konkurrenztätigkeit des AN im bestehenden Arbeitsverhältnis
- Das Wettbewerbsverbot im aktuellen Arbeitsverhältnis gilt absolut. Dem AN ist es generell untersagt, für eigene oder fremde Rechnung - z. B. auch für das Gewerbe der Ehefrau - Geschäfte zu machen, die im Geschäftsbereich des AG liegen. Dieses absolute Verbot gilt sowohl für Verkäufe von Waren, die auch der AG anbietet, als auch für handwerkliche und sonstige Tätigkeiten in der gleichen Branche.
- Probleme treten speziell dann auf, wenn der AN zu einem anderen AG wechseln oder ein eigenes Gewerbe eröffnen will. In den letzten Wochen vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt es in diesem Bereich sehr oft zu Verstößen gegen das Wettbewerbsverbot durch „Vorbereitungshandlungen“. Verboten ist in diesem Zeitraum auch
- das „Vorfühlen bei Kunden“,
- das Versenden von „Einladungen“ für das spätere eigene Gewerbe,
- „Versenden von Abschiedsbriefen“ zur Kundenwerbung (z. B.: „Ab 01.04.2017 bin ich bei der Fa. XY tätig und würde mich freuen, Sie auch hier als Kunden begrüßen zu dürfen“).
Dem AG stehen in derartigen Fällen sowohl Schadensersatz- als auch Unterlassungsansprüche zu.
2. Nachvertragliche Wettbewerbsbeschränkungen
Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses enden die vertraglichen Hauptpflichten und somit auch das Konkurrenzverbot des AN. Der AN darf ein eigenes Unternehmen gründen oder in Konkurrenz zu seinem bisherigen AG treten; er kann aber ebenso zu einem Konkurrenzunternehmen wechseln und für den „neuen AG“ im gleichen Marktsegment in Konkurrenz zu dem bisherigen AG tätig werden.
- Ein vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot für die Zeit nach dem Ausscheiden des AN aus dem Betrieb des AG ist vertraglich zulässig. Eine derartige Klausel kann bei Einstellung, aber auch während eines Arbeitsverhältnisses vereinbart werden.
Nach § 110 Satz 2 GewO i. V. m. § 74 Abs. 1 HGB bedarf der Abschluss eines derartigen Wettbewerbsverbotes der Schriftform; d. h. die Vereinbarung muss vom AG und AN auf derselben Urkunde gemäß § 126 Abs. 2 BGB unterzeichnet sein. Die Urkunde muss dem AN übergeben werden, damit sich dieser jederzeit über diese Verpflichtung und ihre Auswirkungen unterrichten kann.
Beispiel einer Wettbewerbsvereinbarung:
- Der AN verpflichtet sich, für die Dauer von - „höchstens zwei Jahren“ - nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in selbständiger, unselbständiger oder in sonstiger Weise für kein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Firma in direktem oder indirektem Wettbewerb steht oder damit verbunden ist. In gleicher Weise ist es dem Mitarbeiter untersagt, während der Dauer dieses Verbots ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen.
- Das Wettbewerbsverbot erstreckt sich räumlich auf das Gebiet … (z. B. Niederbayern oder Bayern).
- Die Firma verpflichtet sich, dem AN für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung zu zahlen, die mindestens die Hälfte des vom AN zuletzt bezogenen Gehalts erreicht.
- Der AN hat für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsverbot eine Vertragsstrafe von ……………… € zu bezahlen. Im Falle eines Dauerverstoßes - Tätigkeit länger als einen Monat - ist die Vertragsstrafe für jeden neuen Monat neu verwirkt, in ihrer Höhe aber auf ………………… € begrenzt.
- Grundlagen der Konkurrenzklausel
Das Wettbewerbsverbot ist nur wirksam, wenn- eine entsprechende Karenzentschädigung (mindestens 50 % des letzten Monatsgehalts) vereinbart wird; ansonsten ist es nichtig.
- Es darf höchstens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden.
- Die örtliche Reichweite (Niederbayern, Bayern, Süddeutschland) darf nur Gebiete umfassen, in denen für den AG Konkurrenz droht.
- Rechtliche Folgen
Der AG muss die finanzielle Tragweite einer derartigen Vereinbarung bedenken. Bei einem Gehalt des AN von brutto 4.000,00 € monatlich, errechnet sich bei einem einjährigen Wettbewerbsverbot eine finanzielle Belastung von 24.000,00 € zuzüglich entsprechender AG-Anteile (12 x 2.000,00 €).
Der Arbeitnehmer muss bedenken, dass er für die vereinbarte Zeit „aus der Branche“ ausscheidet und z. B. seine bisherigen Kontakte zu Kunden, Lieferanten etc. verliert.
Fazit:
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kommt in der modernen Arbeitswelt in Betracht für „Schlüsselpositionen“ einer Firma. Dies gilt insbesondere, wenn spezielle Kundenbindungen an einen AN vorhanden sind (im Außendienst, bei Softwarebetreuung, bei Ärzten, Steuerberatern oder Rechtsanwälten im Anstellungsverhältnis) oder wenn der AN spezielle Kenntnisse aus der Firma besitzt (Softwareentwickler, Braumeister etc.). Bei Verstößen muss der Arbeitnehmer mit erheblichen finanziellen Folgen rechnen - Vertragsstrafe, Schadensersatz- und evtl. Unterlassungsansprüche im Hinblick auf die Tätigkeit beim neuen AG.
RA Heinz Wittmann, Kanzlei Wittmann & Kollegen / Straubing, www.wittmann-kollegen.com
Steuernews Print-Ausgabe Frühjahr 2017, Rechtsstand 02/2017