Vorsorge im Alter: Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung
Tipp vom Notar: Vorsorge im Alter
Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung
Viele machen sich Gedanken über den Tod und die Regelung des eigenen Nachlasses. Dies ist sicher wichtig und sinnvoll. Man sollte dabei aber nicht vergessen an sich selbst zu denken, solange man lebt und gesund ist. Ich erlebe oft, dass Mandanten zur Besprechung eines Testaments oder Erbvertrages ins Notariat kommen, sich dabei aber noch keine Gedanken über die folgenden Fragen gemacht haben:
Wer kümmert sich um meine Angelegenheiten, wenn ich selbst dazu nicht mehr in der Lage bin? Wer entscheidet für mich in meinem Sinne, wenn ich es selbst nicht mehr kann? Wer verwaltet mein Vermögen und erledigt meine Bankgeschäfte? Wer entscheidet bei Operationen und sonstigen medizinischen Maßnahmen?
Die Lösung des Gesetzes – Betreuung
Wer diese Entscheidungen nicht selbst trifft, für den entscheidet das Gesetz. Wer nicht mehr geschäftsfähig ist oder sonst seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, erhält einen gesetzlichen Vertreter. Das Gesetz nennt ihn Betreuer. Er wird vom Gericht eingesetzt und auch vom Gericht kontrolliert. Wichtig ist, dass Sie sich Folgendes klarmachen: Kinder oder Ehegatten können Sie nicht automatisch vertreten. Die gerichtliche Kontrolle bleibt umgekehrt dem Betreuer auch dann nicht erspart, wenn ein naher Angehöriger zum Betreuer bestellt wird.
Wem die gerichtliche Kontrolle des eigenen Vertreters lieb ist, wer also grundsätzlich die gesetzliche Betreuung für sich als sachgerecht ansieht, dem eröffnet das Gesetz das Recht, die Person des Betreuers zu bestimmen oder zu bestimmen, dass bestimmte Personen gerade nicht Betreuer werden dürfen. Dies geschieht durch eine sog. „Betreuungsverfügung“. Sie sollte zumindest schriftlich erfolgen.
Vermeidung der Betreuung – Vorsorgevollmacht
Was viele nicht wissen: Das Betreuungsverfahren ist mit laufenden (d. h. jährlich anfallenden) Kosten verbunden. Die Betreuung wird darüber hinaus oft als starke Einschränkung der Familie empfunden. Eine Betreuung ist aber subsidiär, d.h. sie ist nicht erforderlich, wenn anderweitig Vorsorge betrieben wurde. Dies geschieht über eine sog. „Vorsorgevollmacht“.
Üblicherweise wird die Vorsorgevollmacht als umfassende Generalvollmacht erteilt. Sie umfasst den ganzen Vermögensbereich (Geld, Bankkonten, Grundstücksgeschäfte, Vermietung, Kündigung von Mietverträgen, Behörden etc.) und den Bereich der sogenannten persönlichen Angelegenheiten (z. B. Zustimmungen zu Operationen und Krankenbehandlung, Auswahl eines Pflegeheimes, Unterbringung bei Selbstmordgefährdung, etc.). Ausgenommen sind höchstpersönliche Angelegenheiten wie ein Testament.
Wichtig ist die sorgfältige Auswahl des Bevollmächtigten, da die umfangreiche Vollmacht ein großes Vertrauen in diese Person voraussetzt. Es können auch mehrere Personen bevollmächtigt werden. Ehegatten mit Kindern werden sich regelmäßig selbst wechselseitig und die Kinder bevollmächtigen.
Die Vollmacht kann individuell ausgestaltet werden. So können z. B. bestimmte Geschäftsbereiche vom Vollmachtsumfang ausgenommen werden, etwa Schenkungen. Oftmals aber wird eine unentgeltliche Übertragung gerade wünschenswert sein, insbesondere im engen Familienkreis.
Ein Beispiel sind Betriebsübergaben, wenn der Inhaber nicht mehr handlungsfähig ist. Im Falle einer Betreuung ist eine solche Übergabe (nicht mehr) möglich, mit der Vorsorgevollmacht könnte das Vorhaben aber umgesetzt werden. Insofern ist der Umfang einer Vollmacht jeweils sehr genau zu überlegen.
Eine privatschriftliche Vollmacht ist grundsätzlich wirksam. Aus meiner Erfahrung weiß ich jedoch, dass Banken privatschriftliche Vollmachten vielfach nicht anerkennen. Bei Grundstücksangelegenheiten und Registersachen ist die privatschriftliche Form ohnehin nicht ausreichend. Hier ist die notarielle Form zwingend.
Eine Generalvollmacht ist übrigens jederzeit frei widerruflich, falls nachträglich die Vertrauensgrundlage wegfällt (z. B. bei Ehescheidung).
Weisungen für den Fall des Falles – Patientenverfügung
Wer vermeiden möchte, künstlich am Leben erhalten zu werden, obwohl keine Hoffnung mehr besteht, wem eine menschenwürdige Gestaltung des letzten Lebensabschnittes wichtig ist, wer soweit irgend möglich zu Hause gepflegt werden und sterben will, kann diesen Wunsch niederlegen. Dies nennt man Patientenverfügung. Sie ist sehr wichtig: Denn ohne diese muss auf anderen Grundlagen der mutmaßliche Wille ermittelt werden.
Patientenverfügungen sollen schriftlich abgefasst sein. Zur besseren Akzeptanz ist die Errichtung beim Notar sicher sinnvoll, nicht aber zwingend.
Es gibt in diesem Bereich viele Formulare, etwa im Buchhandel oder beim Landratsamt. Wichtig ist, dass man sich selbst mit deren Inhalten genau auseinandersetzt.
Die Vorsorgevollmacht ersetzt nicht die Patientenverfügung. Denn die Vorsorgevollmacht bestimmt nur, wer entscheiden kann, nicht aber wie er zu entscheiden hat. Dies legt die Patientenverfügung fest. Deshalb werden beide häufig kombiniert, auch beim Notar.
Bundesweites notarielles Register für Vorsorgeurkunden
Was hilft die beste Vorsorge, wenn die entsprechenden Schriftstücke im Ernstfall nicht aufgefunden bzw. nicht gerichtsbekannt werden? Es gibt daher ein Register für Vorsorgevollmachten bei der Bundesnotarkammer. Die Gerichte sehen das Register zur Vermeidung einer unnötigen Betreuungsanordnung ein. Notarielle Vollmachten werden dort regelmäßig registriert.
Selbstverständlich können Sie sich zum Thema durch Juristen, Mediziner, Geistliche und Betreuungsvereine beraten lassen. Auch Notare stehen Ihnen hierzu gerne zur Verfügung.
Notar Dr. Olaf Sommerfeld, Bogen, www.notar-sommerfeld.de
Steuernews Print-Ausgabe Frühjahr 2016, Rechtsstand 03/2016