Enterbung - welche Rechte habe ich? Pflichtteil auch für die Enterbten
Differenzen entstehen in jeder Familie. Eskalieren diese zwischen Eltern und Kindern, so wird oftmals mit Enterbung gedroht. Ob dies möglich ist und welche Folgen eine Enterbung hat, ist vielen unklar. Grundsätzlich ist jeder Erblasser in seiner Entscheidung frei, wen er als Erben einsetzt und wen er enterbt. Ausreichend für eine Enterbung ist, dass man in seinem Testament anordnet, dass bestimmte Personen als Erbe ausgeschlossen sein sollen. Die Entscheidung bedarf keiner Begründung. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Enterbte gar nichts erhält. Grundsätzlich erhält dieser seinen Pflichtteil.
1. Der Pflichtteil steht nur den nächsten Angehörigen zu. Dies sind u.a.:
- Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel, nichteheliche Kinder, adoptierte Kinder, vgl. §§ 1924 ff. BGB)
- Der Ehegatte, wenn zum Zeitpunkt des Erbfalls die Ehe noch wirksam bestand, vgl. § 1931 ff. BGB
- Eltern, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind, § 1925 BGB
- Partner in einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft, § 10 LPartG
2. Höhe des Pflichtteils:
Der Pflichtteilsanspruch besteht in der Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils, § 2303 I BGB. Beispiel: Die Witwe K verstirbt und hinterlässt drei Kinder: Anna K, Berta K und Erich K. Anna und Berta K sind Erben. Erich K wurde enterbt. Gesetzliche Erben wären die Kinder K, jeweils zu 1/3. Dem Enterbten, Erich K stehen damit Pflichtteilsansprüche in Höhe der Hälfte der gesetzlichen Erbansprüche in Höhe von 1/3 x 1 / 2 = 1/6 zu.
Ist somit bestimmt, welchen Anteil (Quote) an der Erbschaft der Pflichtteilsberechtigte erhält, ist anschließend zu berechnen, welchen Wert der Nachlass hat. Maßgeblich ist der Verkehrswert aller Nachlassgegenstände zum Zeitpunkt des Erbfalles, d.h. zum Zeitpunkt des Versterbens des Erblassers.
3. Reform des Erb- und Verjährungsrechts
Der Bundestag hat am 02.07.2009 die von der Bundesregierung vorgeschlagene Reform des Erb- und Verjährungsrechts verabschiedet, welche am 01.01.2010 in Kraft tritt (Bundestagsdrucksache 16/13543). Die wichtigsten Punkte dieser Reform sind im Einzelnen:
Modernisierung der Pflichtteilsentziehungsgründe: Ein wesentliches Anliegen der Reform ist die Stärkung der Testierfreiheit des Erblassers, also seines Rechts durch Verfügung von Todeswegen über seinen Nachlass zu bestimmen.
Dementsprechend werden die Gründe überarbeitet, die den Erblasser berechtigen, den Pflichtteil zu entziehen: Die Entziehungsgründe sollen vereinheitlicht werden, in dem sie künftig für Abkömmlinge, Eltern und Ehegatten oder Lebenspartner gleichermaßen Anwendung finden. Bislang gelten insoweit Unterschiede. Darüber hinaus sollen künftig alle Personen geschützt werden, die den Erblasser ähnlich wie ein Ehegatte, Lebenspartner oder Kind nahe stehen z.B. auch Stief- und Pflegekinder.
Maßvolle Erweiterung der Stundungsgründe: Besteht das Vermögen des Erblassers im Wesentlichen aus einem Eigenheim oder einem Unternehmen, müssen die Erben diese Vermögenswerte oft nach dem Tod des Erblassers verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Lösung bietet hier die bereits geltende Stundungsregelung. Mit der Reform soll die Stundung unter erleichterten Voraussetzungen und für jeden Erben durchsetzbar sein.
Gleitende Ausschlussfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch: Schenkungen des Erblassers können zu einem Anspruch auf Ergänzung des Pflichtteils gegen den Erben oder den Beschenkten führen. Durch diesen Anspruch wird der Pflichtteilsberechtigte so gestellt, als ob die Schenkung nicht erfolgt und damit das Vermögen des Erblassers durch die Schenkung nicht verringert worden wäre. Die Schenkung wird in voller Höhe berücksichtigt. Sind seit der Schenkung allerdings 10 Jahre verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Dies gilt auch, wenn der Erblasser nur einen Tag nach Ablauf der Frist stirbt.
Die Reform sieht nun vor, dass die Schenkung für die Berechnung des Ergänzungsanspruchs graduell immer weniger Berücksichtigung findet, je länger sie zurück liegt: Eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall wird demnach voll in die Berechnung einbezogen, im zweiten Jahr jedoch nur noch zu 9/10, im dritten Jahr zu 8/10 usw. berücksichtigt. Damit wird sowohl dem Erben als auch dem Beschenkten mehr Planungssicherheit eingeräumt.
Bessere Honorierung von Pflegeleistungen beim Erbausgleich: Auch außerhalb des Pflichtteilsrechts wird das Erbrecht vereinfacht und modernisiert. Ein wichtiger Punkt ist die bessere Berücksichtigung von Pflegeleistungen bei der Erbauseinandersetzung. Zwei Drittel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt, über die finanzielle Seite wird dabei selten gesprochen. Trifft der Erblasser auch in seinem Testament keine Ausgleichsregelung, geht der pflegende Angehörige heute oftmals leer aus. Erbrechtliche Ausgleichsansprüche gibt es nur für einen Abkömmling, der unter Verzicht auf berufliches Einkommen den Erblasser über längere Zeit gepflegt hat. Künftig soll der Anspruch unabhängig davon sein, ob für Pflegeleistungen auf ein eigenes berufliches Einkommen verzichtet wurde.
Abkürzung der Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen: Änderungsbedarf hat sich auch im Verjährungsrecht ergeben. Mit dem Gesetzesentwurf wird die Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen an die Verjährungsvorschriften des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes von 2001 angepasst.
(Quelle Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz, Pressemitteilung, www.bmj.bund.de vom 02.07.2009)
4. Damit hat der Gesetzgeber erneut die Regelungen des Erb- / Pflichtteilsrechts eingegriffen. Bereits seit dem 01.01.2009 gelten für Erben im Rahmen des Erbschaftssteuergesetz neue Regelungen: Die Freibeträge wurden angehoben und Immobilien werden höher bewertet, wobei selbst genutztes Wohnungseigentum für den erbenden Lebenspartner oder die Kinder unter bestimmtem Voraussetzungen steuerfrei bleiben.
RA Markus Mahrer, Kanzlei Gleixner, Kellner, Mahrer / Bogen und Dingolfing,www.rechtsanwaelte-gleixner-kellner.de
Steuernews Print-Ausgabe Herbst 2009, Rechtsstand 09/2009