Das UN-Kaufrecht - praktische Überlegungen aus der Sicht eines deutschen Exporteurs
1. Auslandsgeschäfte – unerkannte Risiken
In Zeiten der Globalisierung nehmen Auslandsgeschäfte stetig zu. Exporte und Importe gehören zum Tagesgeschäft vieler Unternehmer. Häufig werden keine vertieften Überlegungen angestellt,welches Recht zur Anwendung kommt, in der Meinung, dass alles „schon gut gehen wird“. Genau darin liegen jedoch Risiken. Sofern nicht vertraglich Vorsorge getroffen wurde, findet unerkannt das ausländische Recht und/oder UN-Kaufrecht Eingang. Deren vertragliche Abwicklung unterscheidet sich jedoch im Vergleich zum nationalen Recht. Daher sind Auslandsgeschäfte erheblich risikoreicher und komplexer als das bloße Inlandsgeschäft.
Das UN-Kaufrecht (auch Wiener Übereinkommen oder CISG) wurde vor über drei Jahrzehnten geschaffen, um bei Auslandslieferungen eine einheitliche, internationale Rechtsordnunganzubieten. Das internationale Kaufrecht unterscheidet sich von unserem nationalen, deutschen Kaufrecht unter anderem in der Gewährleistung. Noch komplizierter wird es aber, wenn das ausländische Recht zur Geltung kommt.
Praxistipp: Bei Auslandsgeschäften sollte daher stets eine vertragliche Regelung über das anwendbare Recht getroffen werden. Natürlich ist regelmäßig das „eigene“ Recht zu bevorzugen. Da sich die Vertragspartner aber häufig nicht auf die Geltung des jeweiligen nationalen Rechts einigen können, bietet das UN-Kaufrecht als internationales Recht eine denkbare Alternative.
2. Wann kommt das UN-Kaufrecht zur Anwendung?
Das UN-Kaufrecht findet auf Kaufverträge über Waren im internationalen Verkehr Anwendung. Aber auch Herstellungsverträge (Werklieferungsverträge) fallen unter das UN-Kaufrecht; dies gilt nur dann nicht, wenn der Besteller einen wesentlichen Teil der für die Herstellung notwendigen Materialien zur Verfügung stellt.
Es ist von mehr als 70 Staaten ratifiziert worden, unter anderem von Deutschland. Folgende zwei Anwendungsfälle sind denkbar:
- Warenlieferungen zwischen zwei Vertragsstaaten.
- Lieferung eines deutschen Exporteurs in einen Staat, der das UN-Kaufrecht nicht ratifiziert hat,
In beiden Fällen kommt das UN-Kaufrecht „automatisch“ zur Geltung.
Da das internationale Kaufrecht auch deutsches Recht ist, wird durch die Vereinbarung des „deutschen Rechts“ das UN-Kaufrecht miteinbezogen.
Praxistipp: Will man das UN-Kaufrecht vermeiden, muss es daher ausdrücklich ausgeschlossen werden. Empfehlenswert ist z.B. folgende Formulierung:
„Auf diesen Vertrag findet deutsches Recht mit Ausnahme des Wiener UN-Übereinkommens vom 11. April 1980 (UN-Kaufrecht, CISG) Anwendung.“
3. Für und Wider des UN-Kaufrechts aus Sicht eines Exporteurs
Nachteilig wird vom Mittelstand das vom nationalen Recht abweichende „Handling“ bei der Vertragsabwicklung empfunden. Mit dem deutschen Kaufrecht ist der Unternehmer hingegen vertraut, so dass dieses bevorzugt wird. Faktisch überwiegen aus Sicht eines deutschen Exporteurs jedoch die Vorteile.
Aus meiner Sicht sind für den Exporteur folgende Abweichungen zum nationalen Recht erwähnenswert:
a) Vorteile für den Exporteur
- Durch Vereinbarung von UN-Kaufrecht wird eine Rechtsordnung gewählt, die zwar nicht identisch, aber zumindest mit dem nationalen Kaufrecht vergleichbar ist. Das Risiko fremder Rechtsordnungen wird ganz oder teilweise vermieden.
- Der Käufer muss stets die Ware zeitnah untersuchen und Mängel rügen (Untersuchungs- und Rügepflicht), ohne dass es sich hier jedoch um einen Kaufmann handeln muss. Verstößt der Käufer hiergegen, verliert er Gewährleistungsrechte.
- Die Voraussetzungen und Folgen bei Gewährleistungsfällen weichen ab:
- Während sich der Begriff des Mangels im Bürgerlichen Gesetzbuch nach Käufersicht richtet, wird dies im UN-Kaufrecht aus der Perspektive des Verkäufers beurteilt.
- Die Gewährleistungsansprüche sind dem BGB mit Nachbesserung, Minderung und gegebenenfalls Rücktritt (nach erfolgter Fristsetzung) vergleichbar. Im Gegensatz zum deutschen Recht kann der Käufer aber nicht ohne weiteres eine Ersatzlieferung verlangen oder vom Vertrag zurücktreten. Diese Rechte kann er nur dann geltend machen, wenn es sich um einewesentliche Vertragsverletzung handelt.
-
Das strenge deutsche Verbrauchsgüterkaufrecht findet keine Anwendung.
Praxistipp: Bei Verhandlungen mit ausländischen Vertragspartnern ist es eventuelleinfacher, ein einheitliches, internationales Kaufrecht zu vereinbaren, als das dem Vertragspartner fremde deutsche Recht.
b) Nachteile für den Exporteur
-
Im Gewährleistungsfall steht dem Käufer ein Schadensersatzanspruch als Garantiehaftungverschuldensunabhängig zu.
Praxistipp: Vertraglich sollte eine verschuldensunabhängige Haftung ausgeschlossenwerden.
- Das UN-Kaufrecht ist lückenhaft. Beispielsweise empfiehlt es sich unbedingt, folgende Punkte zu vereinbaren:
- Eigentumsvorbehalt
- Vertragsstrafe
- Gewährleistungsfristen
- Gerichtsstand
- Haftungsbeschränkungen
Praxistipp: Es empfiehlt sich zusätzlich zum UN-Kaufrecht das nationale (d. h. deutsche) Recht zu vereinbaren. Außerdem sollte der Exporteur seine Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen vertraglich einbeziehen.
c) Sonstige wesentliche Unterschiede
- Ein (schriftliches) Angebot ist bis zur Absendung der Annahme durch den Vertragspartner frei widerruflich. Im deutschen Recht ist der Anbieter hingegen gebunden, ein Widerruf ist nicht möglich.
- Ein Vertrag kommt auch zustande, wenn die Annahme des Vertragspartners vom Angebot abweicht, sofern diese Abweichung nicht wesentlich ist und der Vertragspartner die Abweichungnicht unverzüglich beanstandet. Nach deutschem Recht wäre hier noch kein Vertrag geschlossen worden.
4. Gerichtsstand und Rechtswahl – nur im „Paket“ sinnvoll
Flankierend zu der Vereinbarung des UN-Kaufrechts sollte natürlich ein Gerichtsstand vereinbart werden. Da zudem eine Rechtswahl getroffen werden sollte, empfiehlt sich als Gerichtsstand der Staat, dessen nationales Recht (neben dem UN-Kaufrecht) für anwendbar erklärt wird.
Darüber hinaus kann auch an eine Schiedsgerichtsvereinbarung gedacht werden, die möglicherweise Unstimmigkeiten löst und aufgrund der Schnelligkeit des Verfahrens, verbunden mit der Sachkunde der Schiedsrichter weitere viele Vorteile aufweist.
5. Abschließende Überlegungen
Aus meiner Sicht bietet das UN-Kaufrecht insbesondere für Exporteure zahlreiche Vorzüge: Neben einer verbesserten Verhandlungssituation ist für einen Exporteur vor allem dasGewährleistungsrecht vorteilhaft. Bei der Vertragsabwicklung gelten jedoch einige Besonderheiten, die es zu beachten gilt. Empfehlenswert ist jedoch auch hier eine Verbindung mit einer Gerichtsstandsvereinbarung und Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die den Besonderheiten des UN-Kaufrechts Rechnung tragen.
RA / StB Prof. Dr. Markus Hofbauer, Kanzlei Prof. Dr. Hofbauer und Kollegen / Straubing, www.hofbauer-kollegen.de
Steuernews Print-Ausgabe Sommer 2009, Rechtsstand 06/2009