Verhalten bei Durchsuchung und Beschlagnahme

Kanzleimarketing

Kooperationsbereit, aber klug handeln

Durchsuchung und Beschlagnahme im Strafverfahren sind für den Betroffenen mit ungewohnten Belastungen verbunden. Die Fahnder kommen unangemeldet, so dass der Betroffene erst mit ihrer Durchführung davon Kenntnis erhält. Dabei spielt es keine Rolle, ob Fahnder der Strafverfolgungsbehörden oder der Steuerfahndung erscheinen. Durch unzweckmäßiges Handeln kann jedoch der Betroffene Nachteile im weiteren Verfahren erleiden. Die Erfahrung zeigt, dass die Fahnder große Erfolge durch unbedachte Äußerungen während der Durchsuchungsmaßnahme erzielen. Grundsätzlich empfiehlt sich aber, Kooperationsbereitschaft zu zeigen, ohne dass Rechtspositionen aufgegeben werden.

Anwalt als Beistand

Unbedingt abgeraten wird, dass sich Betroffene (d. h. der Beschuldigte, aber auch Zeugen) während einer Durchsuchung gegenüber den Beamten zum Ermittlungsgegenstand äußern. Dies gilt auch für Befragungen außerhalb offizieller Vernehmungen. Erforderlich ist, dass der Betroffene von Beginn an anwaltlichen Beistand in Anspruch nimmt. Die nachfolgende Checkliste soll einen Überblick über das Verhalten bei Durchsuchung und Beschlagnahme verschaffen. Dabei sollten diese Hinweise für Personen verfügbar sein, die in Kontakt mit den Durchsuchungsbeamten kommen:

Checkliste bei Durchsuchungen und Beschlagnahme

1. Im Falle des Erscheinens von Strafverfolgungsbehörden bzw. der Steuerfahndung zum Zwecke einer Durchsuchung gilt es zunächst, Ruhe zu bewahren und überlegt zu handeln. Für den Fall der Durchsuchung eines Unternehmens sind unverzüglich die zuständigen Personen aus der Geschäftsleitung zu verständigen.

2. Die Durchsuchungsbeamten sind um Aushändigung einer Fotokopie des Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses zu bitten. Kommen sie dem nicht nach, sollten folgende Punkte erfragt werden:

  • Datum und Aktenzeichen des Beschlusses
  • Amtsgericht, das den Beschluss erlassen hat
  • Ermittlungsführende Staatsanwaltschaft/Buß- und Strafsachenstelle beim Finanzamt sowie deren Aktenzeichen
  • Rechtsgrundlage für die Durchsuchung
  • Beschuldigter des Verfahrens
  • Vorwurf in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht
  • Zu beschlagnahmende Beweismittel

Erst nach Abschluss der Durchsuchung besteht Anspruch auf Aushändigung des Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses.

3. Weitere Informationen gewinnen: Dienstausweise aushändigen lassen, Namen der Durchsuchungsbeamten notieren.

4. Der Rechtsanwalt sollte sofort telefonisch verständigt werden. Notfalls das hierzu bestehende Recht einfordern und das Recht auf Teilnahme des Rechtsanwalts in Anspruch nehmen. Die Durchsuchungsbeamten sollten gebeten werden, mit der Durchsuchung auf das Eintreffen des Rechtsanwalts zu warten. Letzterem ist jedoch von den Durchsuchungsbeamten nicht zwingend Folge zu leisten. Insbesondere bei Unternehmen empfiehlt es sich, der Zentrale oder dem Sekretariat einen Rechtsanwalt zu benennen, der im Falle einer Durchsuchung sofort zu benachrichtigen ist. Bereits ermittelte Daten sollten bei der Benachrichtigung an den Rechtsanwalt weitergeleitet werden.

5. Schweigerechte sind zu wahren, Schweigepflichten sind zu beachten. Die Drucksituation einer Durchsuchung eignet sich nicht für die Vernehmungen oder formlose Erörterungen des Verfahrensgegenstandes. Hiervon ist dringend abzuraten. Bis zur Beratung mit dem Rechtsanwalt sollten keine Gespräche mit den Beamten geführt werden. Der Beschuldigte hat stets das Recht, zu den Tatvorwürfen zu schweigen. Als Zeugen vernommene Mitarbeiter sind nur gegenüber der Staatsanwaltschaft und Angehörigen der Bußgeld- und Strafsachenstelle der Finanzbehörden verpflichtet. Eine Aussagepflicht gegenüber Polizeibeamten und Angehörigen der Steuerfahndung besteht nicht.

6. Es sollte rechtsbewusst kooperiert werden: Den Beamten ist Zugang zu den gesuchten Gegenständen zu verschaffen. Eine gezielte Suche nach „Zufallsfunden“ sollte unterbunden werden. Bei der Durchsicht der Unterlagen sollte ein qualifizierter Mitarbeiter anwesend sein, der festhält, welche Unterlagen und Dokumente sich in den beschlagnahmten Akten befinden.

7. Es sollte auf die Einhaltung des Durchsuchungsbeschlusses hingewirkt werden, d. h. welche Gegenstände werden in welchen Räumen gesucht. Dies dient, Zufallsfunde zu verhindern. Jedoch darf kein Widerstand geleistet werden, es dürfen keinesfalls Unterlagen weggeschafft oder vernichtet werden.

8. Der Beschlagnahme ist zu widersprechen: Es sollte keine freiwillige Herausgabe von Gegenständen erfolgen, um Rechtsnachteile zu vermeiden. Notwendig dafür ist, dass der Widerspruch als solcher ausdrücklich schriftlich dokumentiert wird.

9. Datenverlust sollte abgewendet werden: Es ist die Bitte zu äußern, dass Fotokopien und Sicherungskopien der beschlagnahmten Unterlagen/Dateien zum Verbleib auf Kosten des Beschuldigten bzw. des Unternehmens gefertigt werden. Hierbei kann beispielsweise argumentiert werden, dass diese Unterlagen im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen dringend benötigt werden. Gegebenenfalls kann angeboten werden, dass die beschlagnahmten Unterlagen und Daten unter Aufsicht eines Beamten kopiert werden.

10. Dokumentation: Einerseits sollten der Ablauf der Durchsuchung und hierzu notwendige Erklärungen von den Beamten sorgfältig zu erfassen sein, die Vollständigkeit des amtlichen Durchsuchungsprotokolls und Sicherheitsverzeichnisses ist zu überprüfen und eine Durchschrift hiervon zu verlangen, andererseits ist es empfehlenswert, nach der Durchsuchung von den Beteiligten ein schriftliches Gedächtnisprotokoll über den Ablauf der Durchsuchung zu fertigen.

RA / StB Prof. Dr. Markus Hofbauer, Kanzlei Prof. Dr. Hofbauer und Kollegen / Straubing, www.hofbauer-kollegen.de 
Steuernews Print-Ausgabe Winter 2010, Rechtsstand 11/2010