Unterhaltsrecht reformiert - Folgen für Kinder und Ehegatten
Das Justizministerium hat verschiedene Entwicklungen im sozialen Bereich zum Anlass genommen, das Unterhaltsrecht zum 1.1.2008 grundlegend zu reformieren. Hier eine Bilanz:
Es wurde dabei insbesondere der gestiegenen Zahl der Scheidungen Rechnung getragen und auch dem Umstand, dass immer mehr neue Familien mit Kindern nach Scheitern der ersten Ehe entstanden sind. Diese sollten durch Unterhaltszahlungen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nicht mehr so wie in der Vergangenheit belastet werden. Auch sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass immer mehr Eltern in nicht ehelichen Lebensgemeinschaften zusammen leben oder einzelne Elternteile Kinder allein erziehen. Die wesentlichsten Auswirkungen der geänderten Gesetzeslage stellen sich wie folgt dar:
1. Auswirkungen auf den Kindesunterhalt:
Der Kindesunterhalt hat zukünftig Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen. Der erste Rang wird alleine von minderjährigen, unverheirateten und ihnen gleich gestellten, privilegierten, volljährigen Kindern besetzt. Besondere Bedeutung kommt dieser Rangfolge immer dann zu, wenn der Unterhaltsschuldner auf Grund seines Einkommens nicht in der Lage ist, die Unterhaltsansprüche aller Unterhaltsberechtigten vollständig zu erfüllen.
Eheliche und nichteheliche Kinder werden fortan beim Unterhalt gleich behandelt, was zur Folge hat, dass Elternteile, die Kinder betreuen, hinsichtlich der Dauer des Betreuungsunterhalts gleich behandelt werden - unabhängig davon, ob sie verheiratet waren oder nicht. Mütter und Väter, die ihr Kind betreuen, haben zunächst für die Dauer von drei Jahren nach der Geburt des Kindes Anspruch auf Unterhalt zur Betreuung des Kindes. Diese Regelung hat den Grund in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Mai 2007, wonach die unterschiedliche Dauer der Unterhaltsansprüche für die Betreuung ehelicher und nichtehelicher Kinder nach dem bis 31.12.07 geltenden Recht verfassungswidrig ist.
2. Auswirkungen auf den Ehegattenunterhalt:
Vorteile bringt die Unterhaltsreform vor allem den unterhaltspflichtigen Männern und Frauen. Nach dem neuen Unterhaltsrecht kann der nacheheliche Ehegattenunterhalt zeitlich befristet und der Höhe nach auf das angemessene Maß, das der Berufsausübung entspricht, reduziert werden oder sogar gänzlich entfallen. Vor der Reform war grundsätzlich eine zeitliche Befristung oder Reduzierung des Unterhalts entsprechend dem Einkommen, das von den Unterhaltsberechtigten erzielt wurde, vor allem bei langen Ehezeiten, nicht vorgesehen. Der Grundsatz der Eigenverantwortung nach der Scheidung wird im neuen Unterhaltsrecht hervorgehoben. Von den in der Ehe nicht erwerbstätigen Ehefrauen und -männern wird nun erwartet, dass sie angesichts des erklärten Grundsatzes der Eigenverantwortung schneller wieder arbeiten. Sie haben auch nach einer langen Ehezeit nicht mehr bis zum Eintritt ins Rentenalter Anteil an einem deutlich höheren Einkommen des geschiedenen Ehepartners. Berufliche Einschränkungen, die auf die Eheschließung zurückzuführen sind, sind jedoch ebenso wie die Notwendigkeit der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
Ab welchem Alter der Kinder der betreuende Ehegatte wieder eine Arbeit aufnehmen muss, richtet sich insbesondere auch nach den tatsächlich bestehenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten vor Ort. Der kinderbetreuende Elternteil hat also künftig Anspruch auf einen zeitlichen Basisunterhalt und zwar über eine Dauer von zunächst drei Jahren nach der Geburt des Kindes. Der Unterhaltsanspruch ist anschließend zu verlängern, soweit und solange dies der Billigkeit entspricht, wobei es hier in erster Linie auf kindbezogene Belange ankommt. In dem Maße, in dem eine Betreuungsmöglichkeit vor Ort besteht, wird von dem betreuenden Elternteil in Zukunft eine Erwerbstätigkeit erwartet werden können. Dabei wird jedoch kein abrupter übergangsloser Wechsel von der Kindsbetreuung zur Vollerwerbstätigkeit erwartet, sondern die Erwerbstätigkeit ist nach und nach, beginnend mit einer geringfügigen Beschäftigung bis hin zur Vollzeittätigkeit, aufzustocken.
Das neue Unterhaltsrecht schafft mehr Möglichkeiten, den nachehelichen Unterhalt zu befristen oder auch der Höhe nach zu begrenzen. Maßstab hierfür ist in erster Linie die Frage, ob und in welchem Umfang durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Derartige ehebedingte Nachteile können sich zum Beispiel ergeben aus der Dauer der Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe, Dauer der Ehe u. v. m.
Das neue Unterhaltsrecht betrifft auch viele Altfälle, über die bereits vor Jahren entschieden wurde. Auch bereits bestehende Unterhaltstitel sind unter bestimmten Voraussetzungen nach der Unterhaltsreform abänderungsfähig. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass eine wesentliche Veränderung der Unterhaltsverpflichtung zu erwarten ist und die Abänderungen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu einem zumutbaren Ergebnis führen.
Die wesentlichste Änderung durch die Unterhaltsrechtsreform ist also die Tatsache, dass nach der Rechtsprechung des BGH und überwiegend auch der Oberlandesgerichte Unterhaltsansprüche in aller Regel der Höhe nach herabzusetzen oder zu befristen sind.
Am Wichtigsten ist:
- eine Lebensstandardgarantie nach der Scheidung gibt es nicht mehr.
Weiterhin gilt:
- Das letzte Wort haben aber die Gerichte im Einzelfall.
RAin Martina Gleixner, Kanzlei Gleixner, Kellner, Mahrer / Bogen und Dingolfing, www.rechtsanwaelte-gleixner-kellner.de
Steuernews Print-Ausgabe Sommer 2010, Rechtsstand 06/2010