Lastschriftverfahren: Risiken und mögliche Gestaltung

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Das Lastschriftenverfahren ist bei allen Marktteilnehmern äußerst beliebt und vermeintlich unkompliziert. Es ermöglicht dem Gläubiger, den Zeitpunkt der Zahlung selbst auszulösen. Wird allerdings der Schuldner insolvent, wartet auf den Gläubiger eine böse Überraschung: Der Insolvenzverwalter widerruft Monate alte Lastschriften, so dass die Gläubiger selbst in Zahlungsschwierigkeiten kommen. Dieser Beitrag stellt die gegenwärtigen Risiken desLastschriftverfahrens dar und geht auf mögliche Gestaltungen ein.

1. Einordnung des Lastschriftenverfahrens

Bei den Lastschriften ist zwischen dem Einzugsermächtigungsverfahren und dem Abbuchungsauftragsverfahren zu unterscheiden. Bisher wird in der Praxis meist vom Einzugsermächtigungsverfahren Gebrauch gemacht.

  1. Einzugsermächtigungsverfahren:
    Erteilt der Schuldner seinem Gläubiger eine sogenannte Einziehungsermächtigung, erhält dieser noch nicht das Recht, über das Konto des Schuldners zu verfügen. Solange der Schuldner eine Belastungsbuchung bei diesem Verfahren noch nicht genehmigt hat, kann er die Lastschrift durch seinen Widerspruch rückgängig machen. In den AGB der Banken und Sparkassen ist jedoch einefiktive Genehmigung vorgesehen, wenn nicht binnen sechs Wochen seit Rechnungsabschluss der Schuldner gegenüber seiner Bank die Belastungsbuchung widerruft.
  2. Abbuchungsauftragsverfahren:
    Stimmt hingegen der Schuldner einem Abbuchungsauftragsverfahren zu, sind Belastungsbuchungennicht mehr vom Schuldner widerrufbar. Im Gegensatz zur Einzugsermächtigung ist das Abbuchungsauftragsverfahren kostenintensiver und wegen der fehlenden Möglichkeit des Widerrufs bei Schuldnern nicht so "beliebt". Zudem ist im elektronischen Zahlungsverkehr das Einzugsermächtigungsverfahren besser geeignet.

2. Das Einzugsverfahren im Insolvenzfall des Schuldners

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) gestattet Insolvenzverwaltern, pauschalgegen jede Buchung im Lastschrifteinzugsverfahren zu widersprechen. Dies führt bei Gläubigern zu einer enormen Rechtsunsicherheit. Denn dieses haben bereits ihre Leistung gegenüber dem Schuldner erbracht und gehen davon aus, das ihnen bereits gutgeschriebene Geld behalten zu dürfen. Derzeit kann ein Widerruf von Lastschriften durch den Insolvenzverwalter zu Zahlungsschwierigkeiten bei dem Gläubiger selbst führen.

In zwei Urteilen hat der IX. Senat des BGH klargestellt, dass der (vorläufige) Insolvenzverwalter berechtigt ist, einer Belastung im Einzugsermächtigungsverfahren, die der Schuldner noch nicht genehmigt hat, zu widersprechen. Besonders prekär ist es, dass nach Ansicht des IX. Senats die oben beschriebene Genehmigungsfiktion nicht im Rechtsverhältnis gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter (mit Zustimmungsvorbehalt) gilt.

Beispiel: Der Schuldner hat im Juli 2009 dem Gläubiger eine Einzugsermächtigung im Rahmen des Lastschriftverfahrens erteilt. Aufgrund des zwischen Gläubiger und Schuldner bestehenden Leasingvertrages zieht alsdann seit Juli 2009 der Gläubiger die monatlichen Leasingraten vom Schuldner über dessen Bank ein. Im Dezember beantragt der Schuldner die Durchführung eines Insolvenzverfahrens. Noch am gleichen Tag wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Die quartalsweisen Rechnungsabschlüsse seiner Bank (also z.B. zum 30.09.2009) hat der Schuldner nicht binnen der 6-Wochen-Frist widerrufen.

Der vorläufige Insolvenzverwalter kann nach Ansicht des IX. Senates des BGH sämtliche Lastschriften von Juli bis Dezember 2009 widerrufen.

In der Praxis berufen sich daher schon zur Vermeidung der eigenen Haftung vorläufige Insolvenzverwalter pauschal auf dieses Widerspruchsrecht. Die Konsequenzen sind fatal.

Unterschiedliche Rechtsprechung des BGH und der Oberlandesgerichte: Die Unsicherheit wird noch dadurch verschärft, dass aktuell in der Rechtsprechung hinsichtlich der Voraussetzungen für den Widerruf insbesondere auch hinsichtlich der zeitlichen Komponente unterschiedliche, widersprüchliche Entscheidungen vorliegen. Sogar innerhalb der Senate des Bundesgerichtshofes selbst besteht Streit. Am strengsten sieht es der IX. Senat des BGH.

3. Folgen:

Für alle Beteiligten ist die momentane Situation vollkommen unklar. Offensichtlich ist jedoch, dasserhebliche Risiken für den Gläubiger verbleiben.

Praxistipps:

  1. Laufende Einziehungsermächtigung: Neben einer akkuraten Überwachung der Zahlungseingänge sollte insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen (Miete, Pacht, Leasing etc.) auf den Schuldner eingewirkt werden, ausdrücklich die Lastschriftbuchungen gegenüber seiner Bank zu genehmigen. Denkbar sind auch Verhandlungen mit den Kunden über ein Abbuchungsverfahren (siehe unten Nr. 3).
  1. Widerspruch durch den (vorläufigen) Insolvenzverwalter: Hat ein vorläufiger Insolvenzverwalter den Lastschriftbuchungen gegenüber der Bank des Schuldners den Widerspruch erklärt, so sollte die Rechtslage überprüft werden. Dabei ist auch ein unmittelbarer Kontakt zur eigenen Bank erforderlich. Auch sollten Rücklastschriften vermieden werden, bis die Rechtslage geklärt ist.
  1. Künftige Gestaltung: Aufgrund obiger Ausführungen ist im Hinblick auf das insolvenzrechtliche Risiko vom Lastschrifteinzugsverfahren abzuraten. Für die Zukunft empfiehlt sich die Vereinbarung des Abbuchungsauftragsverfahrens.

Nachteil: In Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann das Abbuchungsauftragsverfahrens nicht wirksam vereinbart werden. Der Bundesgerichtshof lässt nur die Vereinbarung eines Lastschrifteinzugsverfahrens formularmäßig zu.

RA / StB Prof. Dr. Markus Hofbauer, Kanzlei Prof. Dr. Hofbauer und Kollegen / Straubing, www.hofbauer-kollegen.de 
Steuernews Print-Ausgabe Frühjahr 2010, Rechtsstand 03/2010