Urlaub des Arbeitnehmers – Besonderheiten bei Krankheit, Zeitrente und Tod

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Der Urlaubsanspruch und seine Berechnung

Alle Arbeitnehmer, auch geringfügig Beschäftigte, haben Anspruch auf Urlaub. Der Anspruch entsteht erstmals nach einer 6-monatigen Beschäftigungs(warte)zeit gemäß § 4 BUrlG.

Die Berechnung des Jahresurlaubs ist auf das jeweilige Kalenderjahr bezogen (1.1. – 31.12.). Der gesetzliche – Mindest – Urlaub beträgt gemäß § 3 Abs. 1 BUrlG 24 Werktage. Dies ergibt somit einen Mindesturlaub nach Bundesurlaubsgesetz von 4 Wochen. Soweit höhere Urlaubsansprüche gegeben sind, geht dies auf einzelvertragliche Vereinbarung oder auf einen Tarifvertrag zurück. Üblicherweise wird der Urlaub in Arbeitsverträgen nach Arbeitstagenbemessen. Der Urlaub ist generell während des Urlaubs- und somit des laufenden Kalenderjahres zu nehmen. Kann der Urlaub wegen betrieblicher oder persönlicher Gründe nicht bis 31.12. eines Jahres genommen werden, wird er übertragen bis zum 31.3. des Folgejahres.

1. Krankheit während des Urlaubs

  1. Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, werden die Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Urlaubsanspruch angerechnet. Voraussetzung hierfür ist die Übersendung eines ärztlichen Attestes über die Arbeitsunfähigkeit. Allerdings verlängert sich der Urlaub nicht automatisch um die Tage der Arbeitsunfähigkeit. Der Arbeitnehmer muss einen neuen Urlaubsantrag stellen.
  2. Ist der Arbeitnehmer bis zu einem Zeitpunkt nach dem 31.3. des Folgejahres arbeitsunfähig erkrankt, erlischt der Urlaub nach der neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des BAG nicht. Dies gilt auch, wenn sich eine Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit über zwei oder drei Kalenderjahre erstreckt. Ist beispielsweise ein Arbeitnehmer vom 15.2.2009 bis 30.4.2011 arbeitsunfähig erkrankt gewesen, hat er bei Arbeitsaufnahme am 1.5.2011 Urlaubsansprüche für die Jahre 2009 und 2010 in voller Höhe. Im Jahre 2011 erwächst der Urlaubsanspruch in voller Höhe neu.

    Es kann lediglich der Urlaubsanspruch in Einzelarbeitsverträgen abbedungen werden, der über den gesetzlichen Mindesturlaub (24 Werktage) hinausgeht.

    Formulierungsbeispiel:
    Jeglicher Urlaubsanspruch, der über den gesetzlichen Urlaubsanspruch gemäß § 3 Abs. 1 BUrlbG hinausgeht, erlischt am 31. des Folgejahres, auch wenn der Urlaub wegen durchgehender Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingebracht werden kann.

    In einem aktuellen Urteil hat das LAG Schleswig-Holstein einem Arbeitnehmer Urlaub auch für die Zeit zugesprochen, in der er Zeitrente wegen Erwerbsminderung erhalten hat. Bei dem anschließenden Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis wegen Erhalt der Dauerrente wurde dem Arbeitnehmer der Urlaub für die gesamte Dauer der Zeitrente zuerkannt. Der Arbeitgeber musste den Urlaub in voller Höhe abgelten. Ob dies höchstrichterlich bestätigt wird, bleibt abzuwarten, ist jedoch wahrscheinlich.

  3. Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers
    In einem weiteren aktuellen Urteil hat das LAG Hamm den Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers den Urlaubsabgeltungsanspruch zugesprochen, soweit der verstorbene Arbeitnehmer noch offene Urlaubsansprüche hatte.

    In diesem Fall war der Arbeitnehmer am 14.4.2008 erkrankt und bis zu seinem Tod am 30.9.2009 durchgehend arbeitsunfähig. Der gesamte Urlaubsanspruch ist nach dem Urteil des LAG Hamm für die Jahre 2008 und 2009 abzugelten und an die Erben auszubezahlen (s. auch die Regelung wie in Punkt 2 b) beschrieben.

2. Zeitanteiliger Urlaub

Ein Anspruch auf anteiligen Urlaub (1/12) entsteht,

  • wenn der Arbeitnehmer nach dem 30.6. eines Jahres ein Arbeitsverhältnis beginnt;
  • wenn der Arbeitnehmer innerhalb von 6 Monaten nach Arbeitsbeginn (z.B. in der Probezeit) ausscheidet;
  • oder wenn ein Arbeitnehmer in einem länger andauerndem Arbeitsverhältnis im 1. Halbjahr (somit bis 30.6.) ausscheidet.

Teilurlaub wird nur für jeden vollen Monat der Beschäftigung gewährt. Beginnt ein Arbeitsverhältnis am 2.5., so ist für diesen Monat, auch nach Erfüllen der Wartezeit, kein Urlaubsanspruch entstanden.

Endet jedoch ein Arbeitsverhältnis nach dem 30.6., somit in der zweiten Jahreshälfte, steht dem Arbeitnehmer sein voller gesetzlicher Jahresurlaub zu. Eine anteilige Berechnung (1/12 jeweils) kann nur für den weitergehenden vertraglichen oder tariflichen Urlaub vereinbart werden (über 24 Werktage). Bei Ausscheiden eines Arbeitnehmers z.B. am 31.8. eines Jahres steht diesem Arbeitnehmer daher der volle Jahresurlaub zu, jedenfalls in Höhe des gesetzlichen Mindesturlaubs.

Formulierungsbeispiel:
Scheidet der Arbeitnehmer in der 2. Jahreshälfte aus dem Arbeitsverhältnis aus, wird der Urlaubsanspruch, soweit er über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgeht, pro Monat bis zum Ausscheiden mit 1/12 in Ansatz gebracht.

Fazit: Urlaubsansprüche, insbesondere bei längerer Krankheit und bei Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit, können zukünftig eine erhebliche finanzielle Belastung einer Firma darstellen. In Arbeitsverträgen sollen daher entsprechende Regelungen aufgenommen werden, um einen interessensgerechten Ausgleich zu schaffen.

RA Heinz Wittmann, RAin Barbara Wittmann, Kanzlei Wittmann & Kollegen / Straubing, www.wittmann-kollegen.com 
Steuernews Print-Ausgabe Sommer 2011, Rechtsstand 06/2011