Elternunterhalt und Unterhaltspflicht der Kinder
"Eltern haften für ihre Kinder", diesen Satz kennt wohl jeder. Weniger bekannt: "Kinder haften für die Eltern". Je älter und pflegebedürftiger die Eltern werden, umso mehr trifft dieser Satz zu. Wenn nämlich das Vermögen der Eltern nicht ausreicht, um die zum Teil sehr hohen Pflege- und Heimkosten zu bezahlen, kann es sein, dass die Kinder "zur Kasse gebeten" werden. Knapp 2,4 Mio. Menschen sind in Deutschland pflegebedürftig, wobei 1/3 in einem Pflegeheim versorgt werden muss.
Die Höhe der Kosten richtet sich zum großen Teil nach der Pflegestufe. Diese gibt an, wie lange pro Tag ein Pflegebedürftiger Hilfe benötigt. Bei Pflegestufe I wird von einem täglichen Pflegebedarf von 90 Min. ausgegangen, bei Pflegestufe II von drei Stunden und bei Pflegestufe III von fünf Stunden. Die Kosten betragen bei Pflegestufe I im Pflegeheim rund 2.700,00 €, bei Pflegestufe II über 3.000,00 €, und bei Pflegestufe III muss man mit 3.500,00 € bis 4.000,00 € monatlich rechnen.
Reicht die Rente des Pflegebedürftigen und auch dessen Vermögen nicht aus, um diese Kosten zu decken, wendet sich das Sozialamt, welches zunächst für die Kosten einspringt, an die Kinder und möchte von ihnen die Kosten erstattet haben.
Um zu berechnen, wie viel sie von den unterhaltsverpflichteten Kindern zurückholen dürfen, müssen die Sozialbeamten zunächst deren verfügbares Einkommen ermitteln. Dazu zählen neben Nettolohn inkl. Weihnachtsgeld und Boni auch Miet- und Kapitalerträge. Bei Selbstständigen ist das Einkommen der vergangenen drei Geschäftsjahre ausschlaggebend. Kindergeld bleibt außen vor.
Zudem können die Kinder der pflegebedürftigen Eltern einige Ausgaben gegenrechnen, um unter dem Betrag zu bleiben, ab dem sie für die Pflege ihrer Eltern aufkommen müssen. So können Unterhaltsverpflichtungen für die eigenen Kinder sowie Ausgaben der privaten Altersvorsorge, aber auch Fahrtkosten zur Arbeit und Raten für Kredite, Versicherungsbeiträge, etc. in Abzug gebracht werden. Sind mehrere Kinder da, wird bei jedem Kind einzeln geprüft, ob und wenn ja, wie viel es zahlen muss.
Das Kind hat hierbei jedoch einen Selbstbehalt von monatlich 1.500,00 €. Hat das Kind also ein Nettoeinkommen von unter 1.500,00 € und sonst keine Einkünfte, ergibt sich grundsätzlich keine Zahlungsverpflichtung. Ausnahmsweise ergibt sich für dieses Kind, wenn es jedoch mit seinem Gatten zusammen lebt und dieser über entsprechend hohes Einkommen verfügt, eine Zahlungsverpflichtung allenfalls über den Taschengeldanspruch des Kindes gegenüber dem Ehegatten.
Vom rechnerischen Betrag "Bereinigtes Nettoeinkommen minus Selbstbehalt" sind 50 % zum Unterhalt der Eltern zu verwenden. Vermögen des Gatten des Unterhaltspflichtigen spielt für die Beurteilung von dessen Leistungsfähigkeit grundsätzlich keine Rolle.
Grundsätzlich können die Sozialämter auch auf Ersparnisse zugreifen. Laut BGH dürfen die Kinder allerdings einen angemessenen Vermögensanteil als sog. Schonvermögen behalten, mit dem sie für das eigene Alter vorsorgen können. Je nach Bundesland gewähren die Ämter bisher einen Vermögensfreibetrag von 20.000,00 € bis 80.000,00 €. Das Eigenheim, welches vom Kind selbst bewohnt wird, bleibt in jedem Fall unangetastet, in den meisten Bundesländern wird aber eine fiktive Mietersparnis angerechnet.
Auf einen wichtigen Punkt soll an dieser Stelle aber noch hingewiesen werden: Die Schenkung. Ein häufiger Fall ist, dass Eltern den Kindern ihr Haus zu Lebzeiten schenken. Hierbei ist aber zu beachten, dass, wenn die Schenkung bis zum Eintritt der Sozialhilfebedürftigkeit des pflegebedürftigen Elternteils noch keine zehn Jahre her ist, diese vom Sozialamt zurückgefordert werden kann und werden wird. Sind mehr als zehn Jahre verstrichen, kommt das Sozialamt an die Schenkung nicht mehr heran.
Wenn der Bescheid vom Sozialamt eintrifft, empfiehlt es sich in jedem Fall, diesen von einem in diesem Bereich fachkundigen Rechtsanwalt prüfen zu lassen. In der Regel sind das Fachanwälte für Familien- oder Sozialrecht.
RAin Martina Gleixner, Kanzlei Gleixner, Kellner, Mahrer / Bogen und Dingolfing, www.kanzlei-bogen.com
Steuernews Print-Ausgabe Winter 2012, Rechtsstand 11/2012