Reformiertes Mietrecht
Am 01.05.2013 ist das Gesetz über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln (Mietrechtsreformgesetz) in Kraft getreten (BGBl I, S. 434). Es betrifft im Wesentlichen vier Bereiche des Mietrechts:
1. Durchführung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen
Sowohl das Wohnraum- als auch das Gewerberaummietrecht betreffen die (Neu-)Regelungen zu Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen (§§ 555 a bis 555 f BGB). Zwei Ziele werden hiermit verfolgt: Einerseits soll das Recht der Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen durch seine Neustrukturierung übersichtlicher werden. Andererseits soll die Durchsetzung der Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen erleichtert werden.
Zu der im Gesetzgebungsverfahren im Zusammenhang mit der Durchführung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen umstrittensten Regelung gehört der begrenzte Minderungsausschluss (§ 536 Abs. 1 a BGB). Danach bleibt die Minderung wegen einer energetischen Modernisierung für die Dauer von 3 Monaten ausgeschlossen. Der Vermieter soll hierdurch zum einen zur zügigen Durchführung der energetischen Modernisierung angehalten werden (vgl. amtliche Begründung BT-Drucks 17/10485, S. 18). Zum anderen soll er keinen „Cashflow“-Verlust erleiden. Das Minderungsrecht wegen anderer Mängel an der Mietsache besteht weiterhin uneingeschränkt fort.
Eine weitere Zielsetzung des Mietrechtsreformgesesetzes liegt in der Erleichterung der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen. Nach altem Recht konnten Mieter wirtschaftliche Härten infolge der nach der Modernisierung zu erwartenden Mieterhöhung bereits bei der Ankündigung der Modernisierungsmaßnahmen geltend machen und auf diese Weise die Modernisierung verhindern.Nunmehr sind wirtschaftliche Härten grundsätzlich allein bei der Mieterhöhung zu berücksichtigen (§ 555 d Abs. 2 Satz 2 BGB). Konsequenz ist, dass der Vermieter die von ihm geplante Modernisierung wie beabsichtigt durchführen kann. Bereits die angekündigte Modernisierung berechtigt den Mieter zur Sonderkündigung (§ 555 e BGB). Dieses Sonderkündigungsrecht steht auch einem gewerblichen Mieter zu (§ 578 Abs. 2 i.V.m. § 555 e BGB). Gerade Vermieter von Gewerberäumen sollten daher in zukünftigen Mietverträgen darauf achten, das Sonderkündigungsrecht vertraglich auszuschließen, um nicht die vorzeitige Beendigung eines langfristigen gewerblichen Mietvertrages bei einer etwaigen Modernisierung zu riskieren, wenn Modernisierungsmaßnahmen im Raume stehen.
2. Prozessuale Erleichterungen bei der Durchsetzung von Mietforderungen und Räumungsansprüchen
Der zweite Kernbereich des Mietrechtsreformgesetzes erstreckt sich auf (prozessuale) Änderungen zur erleichterten Durchsetzung von Mietforderungen und Räumungsansprüchen. Zunächst sieht § 283 a ZPO die neue Möglichkeit einer Sicherungsanordnung vor, um den Vermieter vor (weiteren) Mietverlusten zu schützen.
Im Vollstreckungsrecht ist nunmehr die „Berliner Räumung“ gesetzlich geregelt (§ 885 a ZPO). Die in der Praxis entwickelte und anerkannte „Berliner Räumung“ soll die Vollstreckung von Räumungstitel erleichtern. Bisher wurde bei einer Zwangsvollstreckung in der Regel die Wohnung durch den Gerichtsvollzieher geöffnet, das Türschloss ausgetauscht, dem Vermieter der Besitz an der Wohnung übergeben und die in der Wohnung befindlichen Gegenstände durch ein beauftragtes Räumungsunternehmen verpackt, abtransportiert und eingelagert. Die Kosten, die leicht in die tausende Euro gehen konnten, musste der Vermieter zunächst vorstrecken und blieb am Ende auf den Kosten sitzen. Bei der nunmehr gesetzlich verankerten „Berliner Räumung“ wechselt der Gerichtsvollzieher das Türschloss und händigt die Schlüssel an den Vermieter aus; setzt ihn damit wieder als Besitzer der Mietsache ein. An den in der Wohnung befindlichen Gegenständen macht der Vermieter ein Vermieterpfandrecht geltend. Aber Achtung: Es reicht nunmehr nicht, die Gegenstände selbst zu entsorgen. Die Gegenstände müssen zwischen pfändungsfreien und nicht pfändungsfreien Gegenständen unterschieden werden und dem ehemaligen Mieter zur Abholung angeboten werden. Ein einfaches Entsorgen der Gegenstände ist nicht geboten. Dem Vermieter entstehen erhebliche Fürsorgepflichten und er setzt sich möglicherweise bei unsachgemäßer Behandlung einem Schadenersatzanspruch des ehemaligen Mieters aus.
3. Kündigungsbeschränkungen bei der Umwandlung in Wohnungseigentum (sog. „Münchener Modell“, § 577 a BGB)
Den dritten Kernbereich der Mietrechtsreform 2013 betrifft die Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung (§ 577 a BGB). Mit der Neuregelung des § 577 a BGB wollte der Gesetzgeber Gestaltungsmöglichkeiten von „cleveren Erwerbern“ beseitigen, die die Kündigungsbeschränkung des § 577 a BGB a.F. leer laufen ließen (sog. „Münchener Modell“).
So konnten die Tatbestandsvoraussetzungen des § 577 a Abs. 1 BGB a.F. durch eine gesellschaftsrechtliche Konstruktion umgangen werden, in der zuerst das Grundstück an eine Personengesellschaft veräußert wurde und diese direkt im Anschluss, noch vor der Aufteilung in Wohnungseigentum Eigenbedarf für ihre Gesellschafter geltend machte (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 16.07.2009 – VIII ZR 231/08). Nunmehr gilt die Kündigungsbeschränkung des § 577 a Abs. 1 BGB für jede Veräußerung vermieteten Wohnraums an Personengesellschaften und Erwerbermehrheiten. Diese weite Ausdehnung der Kündigungsbeschränkung wird sodann durch den Ausnahmenkatalog in § 577 a Abs. 1 a Satz 2 BGB wieder eingeschränkt.
4. Neuregelung für Wärmecontracting und Mieterhöhung:
Einen weiteren Kernbereich der Mietrechtsreform 2013 betrifft das sog. Wärmecontracting (§ 556 c BGB). Mit der Neuregelung des § 556 c BGB soll in einem laufenden Mietverhältnis eine erleichterte Umlage von Kosten der gewerblichen Wärmelieferung (Contracting) möglich sein. Technische Einzelheiten werden in einer neu zu schaffenden Verordnung geregelt (§ 556 c Abs. 3 BGB).
Mieterhöhung um maximal 15 % in drei Jahren: Steigende Mieten sind in Ballungsräumen und beliebten Stadtvierteln an der Tagesordnung. Die in den Städten andauernde Mieterhöhungswelle soll nun durch die Reform verlangsamt werden. In der alten Regelung konnte der Vermieter innerhalb von drei Jahren die Miete maximal um 20 % erhöhen. Nunmehr ermächtigt der Gesetzgeber die Länder die Kappungsgrenze auf 15 % herabzusetzen. Das soll nach dem Gesetzgeber jedoch nur für Ballungsräume gelten und nur für Altverträge.
RA Markus Mahrer, Kanzlei Gleixner, Kellner, Mahrer / Bogen und Dingolfing, www.kanzlei-bogen.com
Steuernews Print-Ausgabe Herbst 2013, Rechtsstand 09/2013