Gesellschaftsanteil und Erbrecht – Abstimmungsbedarf zwischen Gesellschaftsvertrag und Testament
In der Praxis steht die Testierfreiheit eines jeden Gesellschafters mit den Interessen der Gesellschaft und der Mitgesellschafter in einem Spannungsfeld, das einer sorgfältigen Gestaltung bedarf. Der Beitrag befasst sich mit den gesellschafts- und erbrechtlichen Fragestellungen und gibt einen Überblick über diverse Gestaltungsmöglichkeiten:
1. Gesetzliche Rechtsfolgen bei Tod eines Gesellschafters
Während sich eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bei Tod eines Gesellschafters kraft Gesetzes auflöst, wird eine OHG bei Tod des Gesellschafters oder eine KG bei Tod des Komplementärs (persönlich haftender Gesellschafter) unter den Mitgesellschaftern fortgesetzt; der Verstorbene scheidet aus, die Erben erhalten eine Abfindung. Verstirbt bei der KG ein Kommanditist, wird die Gesellschaft mit dessen Erben fortgesetzt. Genauso stehen Geschäftsanteile an einer GmbH oder Aktien den Erben zu; diese Gesellschaften werden also mit dem Erben bzw. den Miterben fortgeführt. Die Zersplitterung bei den gesetzlichen Rechtsfolgen ist offenbar und bedarf in der Praxis einer vorausschauenden Gestaltung von Gesellschaftsvertrag und letztwilliger Verfügung (im folgenden nur „Testament“), da selten die gesetzlichen Regelungen den Wünschen und Vorstellungen der Gesellschafter entsprechen. In der Regel genügt die gesetzliche Erbfolge nicht, so dass ein Testament gefertigt werden muss.
2. Gestaltungsmöglichkeiten im Gesellschaftsvertrag
Der Gesellschaftsvertrag sollte daher nach den Wünschen und Vorstellungen der Mitgesellschafter angepasst werden. Häufig bedarf es aber auch gleichzeitig einer darauf abgestimmten Gestaltung des Testaments, um Widersprüche zu vermeiden.
2.1. Personengesellschaften (GbR, OHG, KG, GmbH & Co KG)
- Fortsetzungsklausel: Einer Fortsetzungsklausel, um die Auflösung der Gesellschaft zu verhindern, bedarf es nur noch bei der GbR. Die Fortsetzungsklausel bewirkt, dass die Gesellschaftsanteile nicht vererbt werden. Die Gesellschaft wird mit den überlebenden Gesellschaftern fortgeführt. Die Erben erhalten eine Abfindung.
- Einfache erbrechtliche Nachfolgeklausel: Im Gesellschaftsvertrag wird geregelt, dass die Gesellschaft mit den Erben oder Vermächtnisnehmern des Verstorbenen fortgesetzt wird. Diese Klausel kann auch mit der zwingenden Bestellung eines gemeinsamen Vertreters einer Erbengemeinschaft kombiniert werden. Hier sollte das Testament zusätzlich eine klare Regelung treffen, um etwaige ungeeignete Personen vom Gesellschafterkreis auszuschließen.
- Qualifizierte erbrechtliche Nachfolgeklausel: Häufig sind einfache Nachfolgeklauseln nicht gewünscht, um z.B. eine Überfremdung oder Zersplitterung des Gesellschafterkreises zu vermeiden. Bereits im Gesellschaftsvertrag werden eine konkrete Person oder eine Person aus einer konkreten Personengruppe (z.B. nur eheliche Abkömmlinge) als Nachfolger vereinbart. Achtung: Hier bedarf es einer zwingenden Übereinstimmung mit dem Testament.
- Gesellschaftsvertragliche Nachfolgeklausel: Hier wird unter Beteiligung des künftigen Nachfolgers im Gesellschaftsvertrag die Nachfolge geregelt. Einer Regelung im Testament bedarf es nicht.
- Gesellschaftsvertragliche Eintrittsklausel: Im Gesellschaftsvertrag wird zugunsten des Erben oder Vermächtnisnehmers dessen Eintrittsrecht geregelt. Der Nachfolger erhält das Recht der Gesellschaft beizutreten, kann aber dies auch ablehnen. Achtung: Hier bedarf es wieder einer Abstimmung mit dem Testament, insbesondere auch bezüglich des Abfindungsanspruches.
2.2 Kapitalgesellschaften (GmbH, AG)
Anteile an Kapitalgesellschaften sind anders als bei Personengesellschaftern stets vererblich. Bei Aktiengesellschaften wird die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters bei Miterben vorgeschrieben. Dies sollte ggf. bei der GmbH auch gesellschaftsvertraglich so vereinbart werden.
Um eine von der Gesellschaft „ungewünschte“ Nachfolge zu vermeiden, stehen den Gesellschaftern von GmbH u.a. folgende Regelungsmöglichkeiten zur Verfügung:
- Einziehungsklausel: Wie bei der Fortsetzungsklausel wird der Anteil eingezogen, wenn der Geschäftsanteil an den/die Erben übergeht. Die Erben erhalten eine Abfindung.
- Abtretungsklausel: Im Gesellschaftsvertrag ist vorgesehen, dass der Erbe/ die Miterbengemeinschaft den Gesellschaftsanteil an den benannten Nachfolger abtritt. Achtung: Hier sollte im Testament vorgesehen werden, dass der Nachfolger auch hinsichtlich des Anteils begünstigt wird. Weichende Erben erhalten vom Nachfolger eine Abfindung.
3. Abfindung, steuerliche Implikationen
In Einzelfällen bedarf es einer Prüfung der Abfindung der weichenden Erben. Es sollte geklärt werden, wer die Abfindung zu entrichten hat und zu welchen Konditionen zu zahlen ist. Regelungen über die Höhe der Abfindung bedürfen ebenso einer umsichtigen Gestaltung, um nicht eine Unwirksamkeit hervorzurufen.
Stets sind auch steuerliche Implikationen zu bedenken, um nicht ungewollt stille Reserven aufzudecken. Vor allem bei Betriebsaufspaltungen, Sonderbetriebsvermögen etc. ist höchste Vorsicht vor unbedachter Gestaltung geboten.
4. Resümee
Vorstehender Beitrag kann natürlich nicht auf alle Einzelheiten eingehen und soll nur einen ersten Überblick über das Gesetz, die Gestaltungmöglichkeiten und die notwendige Verzahnung mit dem Testament geben.
Zusammenfassende Empfehlungen:
- Die Nachfolge bei Gesellschaftsbeteiligungen bedarf einer umsichtigen Planung des Gesellschaftsvertrags und regelmäßig einer Verzahnung mit den Testamenten der Gesellschafter.
- In der Regel reicht die gesetzliche Erbfolge nicht aus, es sollten Testamente in Abstimmung mit dem Gesellschaftsvertrag gefertigt werden.
- Regelungen sind abhängig von der Rechtsform und den Wünschen und Vorstellungen der Gesellschafter. Allgemein gültige Empfehlungen sind nicht ratsam, da zahlreiche Gestaltungsvarianten möglich sind. Abfindungen sollten nach Höhe und Bezahlbarkeit geregelt werden.
- Vor Gestaltung empfiehlt sich eine rechtliche und steuerliche Prüfung, die „Hand in Hand“ gehen sollte.
- Gesellschaftsvertrag und Testament sollten regelmäßig überprüft werden.