Der Einsatz von Fremdpersonal in Unternehmen – Risiken aus unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung
Mit diesem Beitrag sollen die Risiken bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung aufgezeigt werden, da diese Thematik in der Öffentlichkeit in jüngster Zeit eine vermehrte Aufmerksamkeit erfahren hat und die Arbeitsgerichte gehäuft hierüber zu entscheiden hatten.
Beispiel:
Ein Unternehmen (Auftraggeber) schließt mit einer inländischen oder ausländischen GmbH (Auftragnehmerin) einen Werkvertrag. Die Auftragnehmerin setzt ihr Personal in dem Betrieb des Auftraggebers ein, um Werkleistungen zu erbringen. Der Auftraggeber macht sich arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtlich keine Gedanken, da der Einsatz von Subunternehmern üblich und die Auftragnehmerin eine GmbH ist.
Der dargestellte Fall birgt erhebliche Risiken für den Auftraggeber.
1. Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung – Abgrenzung zum Werkvertrag:
Maßgeblich ist, ob das Fremdpersonal in die Arbeitsabläufe des Auftraggebers eingegliedert ist. Dabei kommt es nicht auf den Vertragsinhalt an, sondern darauf, wie das Vertragsverhältnis tatsächlich durchgeführt wird. Die wichtigsten Kriterien sind:
- Umfang der Weisungsgebundenheit des Fremdpersonals gegenüber dem Auftraggeber hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit
- Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation
- Abgrenzbarkeit der Werkleistung samt Abnahme
- Vergütungsart und -durchführung
- Gewährleistungsansprüche nach dem Werkvertragsrecht
Eine schematische Abgrenzung ist nicht möglich, in der Praxis kommt es stets auf den Einzelfall an. Spricht weniger für einen Werkvertrag nach dem gesetzlichen Leitbild, ist eine (unerlaubte) Arbeitnehmerüberlassung gegeben – mit vielleicht fatalen Folgen für den Auftraggeber. Noch riskanter wird es, wenn kein erfolgsbezogener Werkvertrag vorliegt, sondern lediglich ein Dienst- oder Geschäftsbesorgungsvertrag.
2. Welche Risiken ergeben sich für den Auftraggeber?
- Arbeitsrechtliche Risiken:
Im Fall unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung besteht ein Arbeitsverhältnis des eingesetzten Fremdpersonals zum Auftraggeber. Damit ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, zudem hat der neue Arbeitnehmer Ansprüche auf Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Das vermeintliche Fremdpersonal kann gegenüber dem Auftraggeber eine sogenannte Statusklage erheben, um den Arbeitnehmerstatus feststellen zu lassen. - Ordnungsrechtliche und strafrechtliche Folgen:
Darüber hinaus ist die verdeckte Arbeitnehmerüberlassung beidseitig bußgeldbewehrt. Bei Einsatz ausländischer Arbeitnehmer im Rahmen einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung kann das Bußgeld sogar bis 500.000 € betragen. Schwerwiegender kann darüber hinaus noch sein, dass eine Eintragung in das Gewerbezentralregister stattfindet. Die dort eingetragenen Unternehmen werden bei öffentlichen Ausschreibungen nicht berücksichtigt.
Im schlechtesten Falle kann dem Auftraggeber sogar ein Steuerstrafverfahren oder ein Strafverfahren wegen Veruntreuung von Sozialversicherungsbeiträgen (§§ 370 AO, 266 a StGB) drohen. - Vermeidungsstrategie: Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung
Zur Vermeidung dieser Risiken wird teilweise empfohlen, dass sich der Auftragnehmer vor Tätigkeitsbeginn eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis besorgt und der Auftraggeber sich diese vorlegen lässt. Dadurch lassen sich die Rechtsfolgen der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung vermeiden, sofern die Arbeitnehmerüberlassung schriftlich vereinbart wurde. Es ist jedoch zu vermuten, dass die Große Koalition diesen Weg durch eine Gesetzesänderung einschränken wird.
Trotz einer Erlaubnis besteht beim Auftraggeber das Risiko, nach den Grundsätzen des Equal Pay Nachzahlungen an das Fremdpersonal leisten zu müssen. - Sozialversicherungsrechtliche Risiken, insbesondere bei grenzüberschreitendem Personaleinsatz
Die sozialversicherungsrechtlichen Folgen sind dann kontrollierbar, wenn der inländische Auftragnehmer für die fraglichen Arbeitnehmer Sozialabgaben abgeführt hat. In diesem Fall muss der Auftraggeber nur die Sozialversicherungsbeiträge als Haftungsschuldner nachentrichten, die im Rahmen von Equal Pay erforderlich sind.
Die Risiken sind vielfach höher, wenn es sich um eine grenzüberschreitende unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung handelt. Wenn diese ausländischen Auftragnehmer keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung haben, orientiert sich die Sozialversicherungspflicht ausschließlich nach dem deutschen Recht. Die Tatsache, dass im Heimatland Sozialversicherungsabgaben geleistet wurden, ist unbeachtlich. In Deutschland ist in diesem Fall noch einmal der volle Sozialversicherungsbeitrag fällig, wofür der Auftraggeber haftet. - Steuerrechtliche Folgen
Sofern der Auftraggeber als Arbeitgeber angesehen wird, haftet er für die Lohnsteuer. Er kann damit in Haftung genommen werden, wenn für die Dauer der Beschäftigung der Lohn nicht ordnungsgemäß versteuert wurde. Ferner muss der Auftraggeber gegebenenfalls den Vorsteuerabzug aus der Umsatzsteuer des Auftragnehmers dem Finanzamt zurückerstatten.
3. Empfehlungen
Am besten ist es, vor Abschluss des Werkvertrages die rechtliche Situation überprüfen zu lassen und die vertraglichen Vereinbarungen einzuhalten. Es gilt die Weisungsabhängigkeit des Fremdpersonals vom Auftraggeber unbedingt zu vermeiden. Es empfiehlt sich, projekt- und erfolgsbezogene Leistungen zu vereinbaren. Dennoch sollte die Auftragnehmerin eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis vorlegen. Im Zweifel ist ein Anfrageverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung ratsam.
Ist das „Kind bereits in den Brunnen“ gefallen, sind die Umstände der Vertragsdurchführung genau aufzuklären. Im schlechtesten Falle sollte die Eintragung in das Gewerbezentralregister dadurch vermieden werden, dass man versucht, bei der Bußgeldbehörde auf den Erlass eines Verfalls des Bescheides hinzuwirken (anstelle eines Bußgeldbescheids).
RA / StB Prof. Dr. Markus Hofbauer, Kanzlei Prof. Dr. Hofbauer und Kollegen / Straubing, www.hofbauer-kollegen.de
Steuernews Print-Ausgabe Frühjahr 2014, Rechtsstand 02/2014