
Finanzen
Die Stunde der Streuung
Mit der zunehmenden Unsicherheit an den Finanzmärkten seit dem Amtsantritt Donald Trumps zeigt sich wieder einmal: Sparer sollten nicht alles auf eine Karte setzen. Um Risiken und Chancen auszubalancieren, müssen sie die Geldanlage diversifizieren.
Murphy’s Law gilt auch an der Börse: Irgendwann kann etwas schiefgehen. Ein Staat kann noch so solide sein, ein Geschäftsmodell scheinbar noch so unangreifbar. Wer an den Märkten Rendite einfahren möchte, muss sich immer klarmachen: Je höher der erwartete Zins, desto mehr Unsicherheit ist in Kauf zu nehmen.
Es gibt jedoch Wege, Risiken einzuhegen, ohne sich gleichzeitig alle Chancen zu verderben. Im Rahmen der Aktion „Geld-Check – mehr Struktur für Ihr Vermögen“ stellt WELT AM SONNTAG Strategien vor, wie Sparer ihre finanziellen Angelegenheiten so ordnen, dass sie das Optimale für sich herausholen – nicht allein im Sinn einer bestmöglichen Rendite, sondern auch als Gewinn von Lebensqualität.
Der Schlüssel zum Erfolg, darin sind sich die Experten einig, liegt in der klugen Zusammenstellung von Anlageklassen zu einem Gesamt-Depot, häufig auch englisch Asset-Allocation genannt, also Zuweisung von Werten. In den vergangenen Jahren mussten sich Sparer über solche Fragen der Asset-Allocation allerdings wenig Gedanken machen. Der scheinbar unaufhaltsame Aufstieg Amerikas, von US-Technologie und -Finanzen schien das Unmögliche möglich zu machen: Je einseitiger Anleger ihr Geld investierten und je mehr sie auf die USA setzten, desto größer war die Belohnung in Form von Rendite.
Doch mit dem Jahr 2025 und mit der Regierung von US-Präsident Donald Trump ist diese Illusion zerstört. Die alten Gesetze der Risikostreuung gelten wieder: Chancen auf hohe Renditen sind gut, besser ist es jedoch, Extremrisiken und starke Schwankungen durch Streuung (Diversifizierung) herauszunehmen. Sparer sind gut beraten, nicht alles auf eine Karte zu setzen. Es schlägt die Stunde der Asset-Allocation.
„Das Thema Diversifizierung rückt derzeit wieder stärker ins Bewusstsein der Anleger, weil sich die globalen Marktbedingungen verändert haben und die bisherigen, möglicherweise sehr einseitigen Erfolgsstrategien an ihre Grenzen gestoßen sind“, sagt der Geldmanager Markus C. Zschaber, Gründer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft. Roland Könen von Odörfer & Brandner sieht es ähnlich: „Solange alles nur in eine Richtung – nach oben – ging, haben sich viele Investoren keine Gedanken über dem Kapitalmarkt immanente Risiken gemacht“, erklärt er. Das ändere sich gerade.
Ein übertrieben hoher Anteil eines Landes lässt sich aktiv vermeiden. Ein Indexfonds wie der Vanguard FTSE All-World High Dividend Yield (WKN: A1T8FV) enthält etwa rund 40 Prozent US-Aktien statt 70 Prozent wie der beliebte MSCI World. Durch den Fokus auf ausschüttungsstarke Werte finden sich in dem Vanguard FTSE All-World High Dividend auch andere Branchen wieder als in dem vermeintlichen „Welt-Index“, der zwischenzeitlich fast zu einem reinen Amerika-Wachstumswerteindex geworden war.
Doch Diversifizierung hört nicht damit auf, dass Sparer ihr Aktiendepot auf eine breitere Basis stellen. Zur Asset-Allocation gehören unweigerlich auch andere Anlageklassen. Damit scheinen Anleger zwar auf Rendite zu verzichten, dafür bekommen sie allerdings etwas anderes, nämlich Planungssicherheit und Berechenbarkeit. „Diversifikation bedeutet in erster Linie eine Reduzierung von Schwankungen“, betont Karsten Müller, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung „Das Wertehaus“ in München. Das ergibt sich unmittelbar daraus, dass sich die Preise mancher Anlageklassen unabhängig voneinander entwickeln – oder sogar gegenläufig. So steigen die Kurse sicherer Staatsanleihen häufig an, wenn die Aktienbörsen abstürzen.
Deutsche Staatsanleihen waren in den vergangenen Jahren zwar alles andere als ein Renditebringer, im Schnitt haben Bundespapiere verschiedener Laufzeiten seit dem Jahr 2010 nur 1,1 Prozent Rendite per annum abgeworfen. Oft waren sie aber der sprichwörtliche sichere Hafen, wenn die Kurse an den Aktienmärkten krachten. In der Folge stieg die Nachfrage nach Bunds an den Märkten an, wodurch sie sich verteuerten. Dieser natürliche „Hedge“ (Schutz) funktionierte zwar nicht immer, aber meistens. Auf lange Sicht führt er zu einer Glättung der Schwankungen. Mit soliden Euro-Staatsanleihen, wie sie im Amundi Prime Euro Government Bonds ETF (WKN: A2PBLP) oder im SPDR Bloomberg Euro Government Bond ETF (WKN: A1JJTP) versammelt sind, erzielen Anleger den gleichen Effekt und könnten sogar noch eine etwas höhere laufende Rendite erzielen. Noch mehr gilt das für Unternehmensanleihen bester Bonität, wie sie im iShares Core EUR Corporate Bond ETF (WKN: A0RGEP) versammelt sind.
Keine laufende Rendite, dafür aber höchst spannende Eigenschaften hat die Anlageklasse Gold. Das gelbe Metall wird von Vermögensverwaltern seit Dekaden dafür geschätzt, dass sein Preis vom Auf und Ab der Börsen ungerührt ist. Die Unze verteuert und verbilligt sich aber unabhängig davon, was Aktien machen: Anleger erzielen somit eine Diversifizierung im besten Sinne des Wortes. Dass sich das gelbe Metall seit der Jahrtausendwende sogar besser entwickelt hat als der Dax oder der S&P500, lässt sich zwar nicht in die Zukunft fortschreiben. Es steht aber zu erwarten, dass Gold sogar einen nennenswerten Beitrag zur Performance des Portfolios leisten kann. „Im Idealfall führt Diversifizierung zu einer Verbesserung der Rendite“, merkt Vermögensverwalter Müller an.
Eine Beispielrechnung zeigt, dass ein Portfolio aus 75 Prozent Aktien, 15 Prozent Anleihen und zehn Prozent Gold seit dem Jahr 2010 zwar einen etwas geringeren Gesamtertrag gebracht hat als ein reines Dax-Portfolio, das 8,5 Prozent pro Jahr abwarf. Mit 7,3 Prozent Rendite pro Jahr hielt sich das Asset-Allocation-Portfolio aber mehr als passabel. In der Berechnung wurde angenommen, dass die jeweiligen Anteile zu Beginn eines neuen Jahres auf den Anfangswert zurückgesetzt werden. Mit physischem Gold, also in Münzen- und Barrenform, ist das Anpassen des Edelmetallanteils zwar kompliziert. Zertifikate wie Xetra Gold oder Euwax Gold II erlauben aber eine Steuerung des Anteils ohne großen Aufwand im Depot. Erfahrene Portfoliomanager wie Zschaber ziehen daneben auch Bitcoin, Immobilien-Aktien oder Private Equity in Betracht.
Selbst wenn Aktien langfristig am meisten Vermögenszuwachs versprechen, sind die meisten Profis davon überzeugt, dass auch jüngere Menschen zumindest einen kleinen Teil Anleihen halten sollten. Nicht von ungefähr „Renten“ genannt, bringen diese einen sicheren laufenden Ertrag. Da Renten in Phasen der Aktienbaisse häufig stabil bleiben, kann ihr Anteil verwendet werden, um unerwartete Ausgaben abzudecken. „Rendite ist nicht alles“, sagt Müller. „Auch für jüngere Menschen ist Planungssicherheit wichtig.“ In Zeiten, in denen die Aktien nicht gut stehen, sei Diversifikation unerlässlich, um Kapitalbedarf decken zu können.
Vermögensverwalter Roland Schmack von „Meine Werte“ in Münster räumt zwar ein, dass die langfristige Ertragskraft von Aktien denen anderer Anlagearten wie Anleihen, Rohstoffe und Cash über Zeiträume von 15 bis 20 fast immer überlegen gewesen sei. Aber neben der messbaren Reduktion der Schwankungen und einem besseren Risiko-Ertrags-Verhältnis gebe es noch einen psychologischen Nutzen: „Ein diversifiziertes Portfolio hilft Anlegern, in Stressphasen ruhiger zu bleiben.“
Wenn dies Panikverkäufe bei Markteinbrüchen verhindert, kann es sogar monetär von Vorteil sein. Denn wer im Crash verkauft, veräußert seine Wertpapiere häufig zu einem Tiefstkurs und kommt später nicht mehr günstig an den Markt zurück. Dieses psychologische Element ist nach Überzeugung der Profis mindestens ebenso wichtig wie die rein messbare Risikoreduktion. „Schlechte emotionale Entscheidungen können langfristig mehr Schaden anrichten als die Schwankungen selbst“, sagt Schmack. Streuung ist der beste Trick, um die Kraft von Murphy’s Law zu brechen.
Ausgezeichnet bei Fruhstorfer + Partner
Starte jetzt deine Karriere bei uns!
Du bist auf der Suche nach einem verantwortungsvollen und interessanten Arbeitsumfeld sowie einem kollegialen Team? Dann komm zu uns. Wir suchen fachlich qualifizierte Mitarbeiter, welche die Zukunft unseres Unternehmens mitgestalten und die Belange unserer Mandanten kompetent und vorausschauend betreuen.
