Two Young Man Architect On A Building Construction Site

Wirtschaft

Der Beginn einer langen Wohnbaukrise

2023 wurden recht viele Projekte fertiggestellt. Die Genehmigungszahlen dagegen brechen ein. Die Baubranche zeigt sich zunehmend ratlos.

Die Wohnungsbaukrise ist lange nicht ausgestanden, sondern dürfte sich sogar noch ausweiten. Darauf deuten die immer weiter sinkenden Genehmigungszahlen hin. Von Januar bis März gaben die Behörden in Deutschland grünes Licht zum Bau von nur 53.500 Wohnungen, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Das waren 22,2 Prozent oder 15.200 Wohnungen weniger als im Vorjahresquartal. Im März fiel der Rückgang sogar noch deutlicher aus: Binnen Jahresfrist verzeichneten die Behörden ein Minus von einem Viertel auf 18.500 Einheiten. Im Vergleich zum März 2022 sank die Zahl der Baugenehmigungen sogar um fast 47 Prozent.

In der Bau- und Immobilienbranche herrscht Ratlosigkeit. „Die Baugenehmigungszahlen sind historisch schlecht und schreiben den Negativ-Trend nur fort“, sagte Präsident Dirk Salewski vom Bundesverband Freier Immobilien und Wohnungsunternehmen (BFW). Der Verband der Wohnungswirtschaft GdW sprach von einem „alarmierenden Absturz“. Die Baukosten sind hoch und regulatorische Auflagen streng, während es staatliche Neubauförderung nur noch für energetisch exzellente Wohnhäuser gibt.Projektentwickler, die für zahlungskräftige Käufer bauen, und kommunale oder genossenschaftliche Wohnungsunternehmen sehen sich zurzeit kaum in der Lage, unter den aktuellen Bedingungen neue Wohnungen zu bauen, die am Ende von Investoren oder Mietern bezahlt werden können.

Hochgerechnet lassen die 53.500 genehmigten Wohnungen aus dem ersten Quartal erwarten, dass die Zahl der Fertigstellungen in einem der kommenden Jahre auf einen Wert nahe der 200.000 sinken wird. Die Bundesregierung hatte eigentlich 400.000 angestrebt, Wohnungsmarktexperten halten sogar jährlich 700.000 neue Wohnungen für nötig, da sich die Migration auf ohnehin schon überlastete Ballungszentren konzentriert – dort also kaum Wohnraum durch Fluktuation frei wird.

„Die wirklich harte Zeit kommt erst noch“, warnt BFW-Präsident Salewski. „Wer jetzt so tut, als seien wir durch das Tal der Tränen durch, ruht sich in Wirklichkeit nur auf den Lorbeeren von vorgestern aus.“ Jedes zweite Unternehmen klage über Auftragsmangel. „Jetzt wird nicht geplant und damit wird in den kommenden Jahren auch nicht gebaut“, betont Salewski. „Die mageren Jahre liegen eindeutig noch vor uns.“

Tatsächlich sinken nach den Genehmigungszahlen auch die Fertigstellungen. 2023 wurden noch 295.000 Wohnungen fertig gebaut, wie die Agenturen Reuters und dpa berichten – offiziell wird die Zahl in der kommenden Woche bekannt gegeben. Das ist zunächst noch kein dramatisch schlechter Wert, doch Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, warnt vor den Jahren, die nach der Genehmigungsflaute kommen: „Selbst, wenn die Fertigstellungszahlen in 2023 nicht so dramatisch ausfallen, wie befürchtet wurde, heißt das doch nur, das dicke Ende kommt erst noch“, so Müller.

Branchenexperten führen die relativ hohe Zahl an Fertigstellungen auf Förderprogramme aus den Vorjahren zurück, etwa das Baukindergeld oder die breite KfW-Förderung für den Effizienzhausstandard 55. Heute gibt es Fördergeld fast nur noch für die nächsthöhere Stufe 40. Seit Monaten fordert die Branche Subventionen, mehr direkte Zuschüsse oder besonders zinsgünstige Förderdarlehen der KfW, und zwar auch für Häuser, die einen energetischen etwas einfacheren Standard erreichen. Die Bundesregierung fördert über die staatliche KfW unter anderem die Wohneigentumsbildung für Familien mit zinsverbilligten Darlehen (Programm 300) und den „klimafreundlichen Neubau“ mit 762 Millionen Euro für dieses Jahr. Diese Programme jedoch erfordern den strengen Effizienzhausstandard 40, und besonders zinsgünstig wird es auch nur dann, wenn zusätzlich ein „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“ vorgezeigt werden kann.

Das ist aufwendig und wiederum teuer, weshalb Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) eine dritte Säule der Bauförderung plant: zinsgünstige Darlehen für „klimafreundliche Neubauten im Niedrigpreissegment“ (KNN). Diese Neubauten müssten nicht exakt dem EH-40-Standard entsprechen, jedoch in Bezug auf den Lebenszyklus eine ähnlich niedrige CO₂-Bilanz aufweisen. Zudem sollen nur kleine und günstige Wohnungen gefördert werden. Noch ist das Programm jedoch nicht final vorgestellt worden. Auch im Bauministerin ist man wenig erfreut über die sinkenden Genehmigungszahlen. Die Branche habe vieles geleistet, „um stabil durch die Krise zu kommen – natürlich auch aus unserer Sicht durch unsere Unterstützung“, sagte eine Sprecherin. Allerdings gebe es derzeit einen Bauüberhang von knapp 900.000 Wohnungen. Das sind genehmigte Wohnungen, die aber noch nicht gebaut wurden.

Dieser Bauüberhang droht zum Problem zu werden. Denn ein Großteil dieser Genehmigungen stammt aus einer Zeit mit niedrigeren Zinsen und geringeren Materialkosten. Entsprechend haben die Unternehmen kalkuliert, teilweise hohe Grundstückspreise gezahlt – und kommen nun nicht mehr in die schwarzen Zahlen. HDB-Lobbyist Müller appelliert an die öffentliche Hand, das Bauen zu beschleunigen und zu vereinfachen. So müssten Kommunen mehr Bauflächen ausweisen, Planungs- und Genehmigungszeiten seien zu lang und Umweltschutzauflagen überzogen. „Auch wir wollen nicht immer nach Vater Staat rufen, sondern durch eigene Lösungen bezahlbaren Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung realisieren“, sagte Müller. „Bis das aber möglich sein kann, müssen Bund und Länder mit in die Verantwortung.“

Quelle

Michael Fabricius

Lesedauer

4 Minuten

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